Bekehrung eines Atheisten

Am Abend vor Heiligabend hatte ich das Gefühl, dass mein Tod nahte. […] Ich wandte mich in Gedanken an Johannes Paul II. und bat darum, so ruhig sein zu können wie er, als er im Sterben lag.

Ich wurde 1934 in einer wohlhabenden und frommen Familie geboren. Meine geliebte Mutter lehrte mich das Beten, dem ich – aus Liebe zu ihr – bis heute treu geblieben bin. Während des Krieges – als Siebenjähriger – schlich ich heimlich zu den Gefangenen im Lager in der Nähe meiner Stadt, um ihnen zu helfen. Eine meiner älteren Schwestern war während der deutschen Besatzung in der Heimatarmee aktiv, die andere heiratete einen wichtigen Regierungsbeamten. Sie war es, die mich unmittelbar nach dem Tod meiner Mutter, die kurz nach dem Krieg starb, meinem Vater wegnahm und in ein von der kommunistischen und atheistischen Arbeiterwohlfahrt geführtes Kinderheim brachte. Ich weiß es zu schätzen, dass meine Schwester mich einmal heimlich zu meiner ersten Beichte und zur Heiligen Kommunion gebracht hat.

Im Erziehungsheim machte man mich zu einem engagierten Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation – dem Bund der Polnischen Jugend (ZMP). Gleich nach dem Abitur wurde ich an eine militärische Parteischule geschickt, und ein halbes Jahr später bekam ich eine Führungsposition im ZMP. Ich war in den Bieszczady-Bergen (Waldkarpaten) tätig und kämpfte gegen die «Banden» der Unabhängigkeitsbewegung. Die Nachkriegszeit in unserem Vaterland war nämlich eine Zeit des ideologischen Kampfes gegen Gott und die Unabhängigkeit der Nation. Ich erinnere mich gut daran, wie ich einer Frau ein ziemlich großes Kreuz von ihrem Hals riss und es in das offene Feuer eines Ofens warf. Als wir Land für die Kolchosen beschlagnahmten, zogen wir mit einem Lachen Frauen weg, die sich mit Heiligenbildern unter die Räder von Traktoren legten, um ihr Erbe zu verteidigen.

Offenbar galt ich als vielversprechender Kommunist, denn ich wurde zum Studium in die Sowjetunion geschickt. Ich verbrachte dort vier Jahre. Fragt nicht, wo ich war und was ich studiert habe. Ich habe mich gut geschlagen. Ich kann Hunger ertragen. Ich bin als erfahrener Kommandosoldat abgehärtet.

Nach meiner Rückkehr wurde ich Direktor einer Betreuungs- und Erziehungseinrichtung für Kinder. Überzeugt brach ich das Gewissen meiner Schützlinge. Ein Gegner des Systems (also auch ein Katholik) war mein Feind. Später, als hauptamtlicher Mitarbeiter des ZMP und dann des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, verspottete ich die Kirche und entfernte Kreuze. Papst Johannes Paul II. war für mich niemand. Während einer seiner Pilgerreisen in die Heimat war ich ihm so nahe, dass ich eine Medaille aus seiner Hand erhielt. Da sie für mich jedoch keinen Wert hatte, gab ich sie an einen Bekannten weiter – einen eifrigen Katholiken.

Im Jahr 2004 wurde bei mir Prostatakrebs diagnostiziert. Lange zögerte ich, ins Krankenhaus zu gehen. Als mein Sohn mich schließlich mit Nachdruck in die Klinik brachte, sagte mir der Chirurg: „noch drei Minuten später und Ihre Blase wäre geplatzt“. Dann folgten Chemotherapie, Windeln, Pampers… Das dauerte ein ganzes Jahr, bis zum Tag vor Heiligabend 2005.

Ich möchte hinzufügen, dass ich, während ich gegen meine Krankheit kämpfte, die letzten Tage des Lebens von Johannes Paul II. im Fernsehen, mit einem für mich seltsamen Interesse, verfolgte, insbesondere den Tag des 2. April 2005, als der Papst vor den Augen der ganzen Welt starb. Ich dachte in diesem Moment nicht daran, dass er für mich zu Lebzeiten zu jemand Wichtigem werden würde, obwohl ich Stolz empfand, dass ein Pole eine solche Position im Vatikan innehatte. Aber nichts davon war von Bedeutung, bis zum Tag vor Heiligabend 2005, als ich auf wundersame Weise durch die Fürsprache des heiligen Johannes Paul II. geheilt wurde.

Am Abend vor Heiligabend hatte ich das Gefühl, dass mein Tod nahte. Im Laufe des Tages verlor ich zwei Beutel Blut. In dieser entscheidenden Nacht wollte ich allein sein. Ich verabschiedete mich von meinen Lieben und sagte: „Ich möchte so friedlich sterben wie Johannes Paul II.“. In Wirklichkeit hatte ich große Angst vor dem Tod, und er war nur einen Schritt von mir entfernt…. Aus dieser Angst heraus betete ich: Vater unser, Ave Maria, Ich glaube an Gott und Gebet zum Hl. Schutzengel.

Von der gleichen Angst getrieben, wandte ich mich in Gedanken an Johannes Paul II. und bat darum, so ruhig sein zu können wie er, als er im Sterben lag. Ich weiß selbst nicht, wie es kam, dass ich unmittelbar nach dieser Bitte – immer noch in Gedanken – mit ihm zu sprechen begann, als ob er direkt neben mir läge… Ich weiß nicht, wie lange ich sprach. Wie lange braucht man, um die Geschichte eines 71-jährigen Lebens zu erzählen, eines Lebens ohne Gott – ohne Eile, in einer Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit? Ich erzählte weiter, bis ich mich ruhig fühlte und einschlief. Am Morgen kam ich – zum Erstaunen meiner Familie – zum Frühstück. Gesund. Gesund nach den Maßstäben eines sportlichen, abgehärteten Mannes. Ich ging wieder zur Arbeit. Der Arzt sagte, es sei ein Wunder. Meine Frau sagte dasselbe. Ich selbst kannte den Begriff des Wunders nicht und definierte das Geschehene damals nicht auf diese Weise. Ich war ein Atheist, ein ideologischer Kommunist; ich stand fest auf dem Boden der Tatsachen. Ich wusste auch genau, dass es bei Prostatakrebs in dem Stadium, in dem ich war, nur einen Ausweg gab: den Tod. Und doch – entgegen alldem – lebte ich und nahm eine verantwortungsvolle Arbeit auf, mit dem Geheimnis der Heilung in meinem Herzen. Ihr meint, dass das, was mir widerfahren ist, außergewöhnlich ist? Ich stimme zu. Aber das ist nur das wunderbare Endergebnis meiner Krankheit, was angesichts der Erfahrungen, die ich in meinem bisherigen Leben gemacht hatte, in besonderem Maße überraschend ist…

Bei einem Pastoralbesuch erzählten wir dem Priester von meiner Heilung. Damals war es jedoch noch zu früh, um Dokumente zu sammeln und mein geistliches Leben zu ändern.

Am ersten Adventssonntag 2006 fuhr ich mit dem Aufzug zu meinem Arbeitsplatz hinunter. Auf einmal betrat eine Nonne den Aufzug. Es war das erste Mal, dass ich sie gesehen habe. Wir waren nur zu zweit in diesem Aufzug. Ich pries  den Herrn und sagte: „Sehen Sie Schwester, ich wurde vom Heiligen Vater Johannes Paul II. geheilt“. Dann gab es draußen einen kurzen Austausch, in dem ich noch sagte: „Aber ich habe wirklich ein schlechtes Leben geführt“. Die unbekannte Nonne meinte, man müsse die Geschichte dieses Wunders nach Krakau schicken. Also gab ich ihr meine Adresse und wir gingen jeder seiner Wege. Die Nonne – so erzählte sie mir später – dachte: „Mensch, du hättest ihn nach der Beichte fragen müssen!». Am nächsten Tag stand dieselbe Nonne unerwartet vor dem Eingang meines Hauses. Wir verabredeten uns zu einem Gespräch. Und so begann meine Vorbereitung auf die Beichte und die Heilige Kommunion nach über 50 Jahren. Ich bezeichne das als das zweite Wunder von Johannes Paul II, das noch größer ist als das erste. Während der Christmette 2006 empfingen meine Frau und ich (sie nach 36 Jahren) die Heiligen Kommunion.

Seitdem gehe ich jeden Monat zur Beichte und jeden Sonntag zur Messe. Ich trenne mich nicht von meinem Rosenkranz und bete manchmal vier Rosenkränze an einem Tag. Ich trage ein Gebetbuch in meiner Aktentasche, das ich bei jeder Gelegenheit benutze. Ich bete jeden Tag: am Morgen, im Bus, in der Straßenbahn, vor dem Schlafengehen. Ich werde nie vergessen, wie kraftvoll das Wort Gottes in der Liturgie der Heiligen Messe zu mir gesprochen hat, als ich mit der Katechese begann, die mich auf die Beichte vorbereitete – Gott spricht persönlich zu mir! Ich wende mich jetzt sehr oft an den Heiligen Johannes Paul II. – und ich erhalte immer Hilfe. 

Ein Verehrer des Heiligen Johannes Paul II.