Das Attentat auf das Leben von Johannes Paul II

Die Neun-Millimeter-Kugel durchschlug den Körper des Papstes auf einem unfassbaren Weg, indem sie alle lebenswichtigen Organe umging, als wäre sie von einer unsichtbaren Hand geführt worden.

Prophezeiung

Kardinal Sodano enthüllte am 13. Mai 2000 die Hauptinhalte des dritten Teils des Geheimnisses von Fátima und erklärte: „Nach der Interpretation der Hirtenkinder, die kürzlich von Schwester Lucia bestätigt wurde, ist der in Weiß gekleidete Bischof, der für alle Gläubigen betet, der Papst. Auch er geht mühsam auf das Kreuz zu, vorbei an den Leichen der Märtyrer (Bischöfe, Priester, Ordensbrüder, Nonnen und viele Laien), fällt, getroffen von Kugeln, wie tot nieder.“

Heute wissen wir, dass sich diese Prophezeiung am Abend des 13. Mai 1981 erfüllte, als die schockierende Nachricht von einem Attentat auf Johannes Paul II. um die Welt ging. Während der Mittwochsaudienz, als der Heilige Vater im Papamobil stehend, zum zweiten Mal den Petersplatz umrundete und sich dem „Portone di Bronzo“ näherte, feuerte der türkische Terrorist Mehmet Ali Ağca mehrere Schüsse auf ihn ab (seine Waffe klemmte nach dem vierten Schuss) und verletzte ihn in der Bauchhöhle, am rechten Ellbogen und am Zeigefinger der rechten Hand.

Der päpstliche Sekretär, Kardinal Stanisław Dziwisz, erinnerte sich an diesen Tag: „Der Knall war ohrenbetäubend. Natürlich habe ich verstanden, dass jemand geschossen hat. Aber wer? Und ich sah, dass der Heilige Vater verletzt war. Er taumelte, aber es waren weder Blut noch Wunden zu sehen. Ich fragte: ‘Wo?‘. Er antwortete: ‘Im Bauch‘. Ich fragte weiter: ‘Tut es sehr weh?‘, und er antwortete: ‘Ja‘. Ich stellte mich hinter den Heiligen Vater und stützte ihn, damit er nicht stürzte. Er lehnte sich im Auto halb an mich und so erreichten wir den Krankenwagen in der Nähe des Gesundheitszentrums innerhalb der vatikanischen Mauern. Die Augen des Heiligen Vaters waren geschlossen, er hatte große Schmerzen und wiederholte kurze Stoßgebete. Soweit ich mich erinnern kann, waren es vor allem: ‘Maria, meine Mutter! Maria, meine Mutter!‘. Dr. Buzzonetti und Bruder Camillo, der Krankenpfleger, waren mit mir im Krankenwagen. Er fuhr sehr schnell. Nach ein paar hundert Metern versagte die Sirene des Krankenwagens. Eine Strecke, für die man normalerweise mindestens eine halbe Stunde braucht, schafften wir in acht Minuten, und das im römischen Verkehr! Während der Fahrt hatte der Heilige Vater große Schmerzen und betete mit immer schwächer werdender Stimme. Er äußerte kein einziges Wort der Verzweiflung oder des Grolls, sondern nur Worte des tiefen Gebets, die aus dem großen Leid heraus entstanden. Später erzählte mir der Heilige Vater, dass er bis zur Ankunft im Krankenhaus bei Bewusstsein blieb und es erst dort verlor. Kurz vor der Operation spendete ich dem Heiligen Vater das Sakrament der Krankensalbung. Die Operation begann vor 18 Uhr. Professor Crucitti operierte, assistiert von Professor Manni, dem Anästhesisten, dem Kardiologen Dr. Manzoni, dem Internisten Dr. Breda und einem Arzt aus dem Vatikan“.

Kritischer Zustand

Während der Vorbereitungen für die Operation wurde der Zustand des Papstes als kritisch eingestuft. Der Heilige Vater hatte drei Viertel seines Blutes verloren, sein Blutdruck war auf einen alarmierenden Wert gesunken. Sein Puls war fast nicht mehr feststellbar. Der Tod hätte jeden Moment, aufgrund des Blutverlustes, eintreten können. Die Hoffnung kehrte allmählich zurück, als sich während der Operation herausstellte, dass keines der lebenswichtigen Organe verletzt worden war. Die Operation war sehr kompliziert. Sie dauerte etwa fünf Stunden. Die Bauchhöhle musste gereinigt, der Blutverlust ausgeglichen, der Dickdarm an mehreren Stellen vernäht und 55 cm Darm entfernt werden.

Als der Papst ins Krankenhaus gebracht wurde, war alles für die Operation vorbereitet, aber schließlich musste auch der Verletzte vorbereitet werden. Das alles spielte sich in den wenigen Minuten zwischen Leben und Tod ab! Während der Sterbende aus dem 10. Stock in den Operationssaal im neunten Stock gerollt wurde, gingen dringende Anrufe an Professor Crucitti, der es wie durch ein Wunder geschafft hat, die Gemelli-Klinik rechtzeitig zu erreichen. „Als ich im neunten Stock ankam“, erinnert sich der Professor, „rief mir eine Nonne zu: ‘Schnell! Schnell!‘. Die Assistenten und Nonnen stürzten sich buchstäblich auf mich, rissen mir Jacke und Hose vom Leib, zogen mir den OP-Anzug an, wobei sie alles, was ich bei mir hatte – Schlüssel, Münzen und Geldbeutel – um sich warfen. Während ich rannte, um mir die Hände zu waschen, band mir einer die Schürze auf dem Rücken zu, eine andere zog mir die OP-Schuhe an, und zur gleichen Zeit meldete sich ein anderer Arzt aus dem Saal bei mir: ‘Blutdruck 80, 70, weiter fallend‘. Als ich hereinkam, hatte die Narkose bereits begonnen, der Papst schlief und ich hatte ein Skalpell in der Hand. Das Notfallteam hatte bereits alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, und ich hatte nur einen Gedanken: öffnen, öffnen aufmachen, ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren. Ich öffnete und sah Blut, sehr viel Blut. Es waren vielleicht drei Liter in der Bauchhöhle. Wir entfernten es, saugten, wischten und trockneten auf jede erdenkliche Weise, bis die Quelle der Blutung sichtbar wurde. Dann konnte ich mich daran machen, die Blutung zu stoppen. Sobald der Verletzte kein Blut mehr verlor und die Transfusion zu wirken begann, stieg der Blutdruck. Nun konnten wir die Operation in aller Ruhe fortsetzen. Ich untersuchte also die Bauchhöhle und sah eine Reihe von Wunden. Es gab zahlreiche Verletzungen am Dünn- und Dickdarm. Einige waren durch direkte Verletzungen entstanden: durch Schnitt oder Perforieren durch eine Kugel, andere durch Reißen. Das Mesenterium des Dünndarms, die Membran, aus der die Blutgefäße zum Dünndarm führen, war an mehreren Stellen beschädigt. Ich führte eine Resektion und die notwendigen Anastomosen durch, spülte das Peritoneum (Bauchfell, Anm. d. Übers.) und nähte das Colon sigmoideum (letzter Abschnitt des Dickdarms, Anm. d. Übers.) an. Dort, im letzten Teil des Dickdarms, befand sich eine schreckliche Wunde, die direkt durch den Durchschuss des Projektils verursacht worden war.

Das Wunder

Nachdem ich die Blutung gestoppt, den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems überprüft und die Schwere der Wunden festgestellt hatte, dachte ich, dass die Situation vor allem Kaltblütigkeit meinerseits erforderte. Ich war mir der Schwierigkeit meiner Aufgabe voll bewusst, war aber dennoch überzeugt, dass das Ergebnis positiv sein würde. Kein lebenswichtiges Organ, wie die Hauptschlagader, die Darmbeinschlagader oder der Harnleiter waren betroffen. Die Kugel durchschlug das Kreuzbein, nachdem sie die vordere Bauchwand durchbohrt hatte. Das stark blutende Venensystem vor dem Kreuzbein bereitete uns große Schwierigkeiten: Um die Blutung zu stoppen, mussten wir es mit sterilisiertem Wachs beschichten. Aber die Kugel streifte an den lebenswichtigen Organen, deren Beschädigung zum Tod hätte führen können, vorbei und die angrenzenden Nervenzentren waren offenbar nicht betroffen. Das war absolut erstaunlich.

Nach der Operation wurde der Heilige Vater in die Intensivstation gebracht, wo er bis zum 18. Mai blieb. In den ersten Tagen nach der Operation litt der Papst sehr, vor allem wegen der Drainagen, aber mit der Zeit normalisierte sich alles langsam wieder. Später gestand der Heilige Vater seinem Freund, Professor Stanislaw Grygiel, im Zusammenhang mit dem Leid, das mit dem Attentat verbunden war: „Es gibt kein größeres Glück, besonders für einen Priester, als ein Werkzeug in den Händen Gottes zu sein“.

Nach der komplizierten Operation stellte Professor Crucitti fest, dass die neun Millimeter Kugel den Körper des Papstes auf einem unwahrscheinlichen Weg durchschlug und dabei alle lebenswichtigen Organe umgangen hatte, als wäre sie von einer unsichtbaren Hand geführt worden. Sie schoss nur wenige Millimeter an der Hauptschlagader vorbei. Ihre Verletzung hätte den sofortigen Tod bedeutet. Sie schrammte am Rückenmark und anderen lebenswichtigen Organen vorbei. Das ist eine Tatsache, die nicht auf natürliche Weise zu erklären ist. „Es war ein echtes Wunder, und ich weiß, wem ich es zu verdanken habe. Eine Hand hielt die Waffe und eine andere Hand lenkte die Kugel“, kommentierte der Heilige Vater dieses Ereignis selbst. Das Attentat fand am 13. Mai statt, dem Jahrestag der ersten Erscheinung der Gottesmutter in Fatima. Sogar die Stunde und die Minuten stimmten überein.

Kardinal Dziwisz erklärte: „Der Heilige Vater sah das alles als ein Zeichen des Himmels, und wir, einschließlich der Ärzte, sahen es als ein Wunder. Es schien, als ob eine unsichtbare Hand alles lenkte. Am Tag nach der Operation empfing der Papst die Heilige Kommunion. Am nächsten Tag konzelebrierte er bereits mit uns, im Bett liegend. Der Heilige Vater hat kein einziges Mal ein Brevier versäumt. Ich erinnere mich, dass am Tag nach dem Attentat seine erste Frage, nachdem er wieder zu sich gekommen war, lautete: ‘Haben wir die Komplet gelesen?‘. Jeden Abend feierten wir die Heilige Messe und beteten anschließend die Litanei zur Muttergottes. Der Heilige Vater sang zusammen mit den Schwestern. Der größte Wunsch des Personals war es, bei seiner Messe dabei zu sein. Am 23. Mai veröffentlichten die Ärzte ein Kommuniqué, in dem stand, dass das Leben des Patienten nicht mehr in Gefahr sei.“

Die Botschaft von Fatima

Während seines Aufenthalts in der Gemelli-Klinik bat Johannes Paul II. Bischof Hnilica, ihm alle Dokumente über die Erscheinungen von Fatima zu bringen. Der Papst studierte die gesamte Dokumentation genau. Als er das Krankenhaus verließ, sagte er zu Bischof Hnilica: „Ich habe verstanden, dass der einzige Weg, die Welt vor dem Krieg und Atheismus zu retten, die Umkehr gemäß der Botschaft von Fatima ist“.

Eine äußerst interessante Interpretation des gescheiterten Attentats auf das Leben des Heiligen Vaters hörten wir von dem Attentäter Ali Ağca selbst. Der Heilige Vater besuchte ihn im römischen Gefängnis Rebibbia. Während eines Gesprächs mit dem Papst sagte Ali Ağca: „Wie kam es, dass der Heilige Vater überlebt hat? Ich weiß, dass ich gut gezielt habe. Ich weiß, dass der Schuss tödlich war, tödlich… Und trotzdem hat er nicht getötet. Warum nur? Was ist das, was alle wiederholen: Fatima?“.

Das Attentat auf den Heiligen Vater fand genau am Jahrestag der ersten Marienerscheinung in Fatima statt. Damals appellierte die Gottesmutter an alle Menschen: „Ich bin gekommen, um die Menschen zu ermahnen, sich zu bessern und für ihre Sünden Buße zu tun“.

Die Botschaft von Fatima ist klar und eindeutig: Um die Menschheit vor der Selbstzerstörung zu bewahren, ist die Umkehr, die Rückkehr zu Gott, notwendig. Am ersten Jahrestag des Attentats reiste der Papst auf einer Wallfahrt nach Fatima, um für sein wundersames Überleben zu danken. Er sagte damals: „Diese Daten trafen auf eine Weise aufeinander, dass ich fühlen musste, dass ich hier auf wunderbare Weise gerufen wurde. Und hier bin ich heute. Ich bin gekommen, um an diesem Ort der göttlichen Vorsehung zu danken… Eine Hand führte die Waffe und die andere lenkte die Kugel“. Der Heilige Vater erinnerte daran, dass er nach Fatima gekommen sei, „um noch einmal im Namen der gesamten Kirche die Botschaft zu hören, die vor 65 Jahren aus dem Mund unserer gemeinsamen Mutter kam, besorgt um das Schicksal ihrer Kinder. Heute ist diese Botschaft aktueller und dringender denn je. Denn wie kann man nicht mit Entsetzen auf die Flut des Säkularismus und der Freizügigkeit blicken, die die Grundwerte der christlichen Moral so ernsthaft bedrohen?“. In dramatischen Worten drückte der Papst seinen Schmerz darüber aus, „dass der Aufruf zur Buße, zur Bekehrung und zum Gebet nicht das erforderliche und angemessene Echo fand und findet!“. „O Unbeflecktes Herz“, rief der Heilige Vater, „hilf uns, das Grauen des Bösen zu überwinden, das auf der Menschheit lastet und die Wege in die Zukunft versperrt“.

Die Weihe Russland

Am 13. Juli 1917, während der Erscheinung in Fatima, sagte die Gottesmutter: „Der Heilige Vater wird Mir ein Russland weihen, das sich bekehren wird…“. Am 13. Juni 1929, bei ihrer Erscheinung vor Schwester Lucia in Tuy erklärte sie: „Der Augenblick ist gekommen, in dem Gott den Heiligen Vater aufruft, Russland, zusammen mit den Bischöfen der ganzen Welt, meinem Unbefleckten Herzen zu weihen und zu versprechen, es auf diese Weise zu retten“.

Am unvergesslichen Tag des 25. März 1984 weihte der Heilige Vater auf dem Petersplatz in Rom, gemeinsam mit Bischöfen aus aller Welt, die ganze Welt und Russland dem Unbefleckten Herzen Mariens, in Gegenwart der Statue Unserer Lieben Frau von Fatima, die eigens zu diesem Anlass nach Rom gebracht worden war. Die 200 Kardinäle und Bischöfe, die an diesem Tag auf dem Petersplatz anwesend waren, waren sich zusammen mit den Gläubigen bewusst, dass dies ein Ereignis war, das gemäß der Botschaft von Fatima das Schicksal der Welt verändern könnte. Johannes Paul II. hat diesen Weiheakt vollzogen, um die Macht des Bösen zu überwinden, die die gesamte Menschheit bedroht: „Die Kraft dieser Weihe“, so der Heilige Vater, „überdauert alle Zeiten, umfasst alle Menschen, Völker und Nationen und übertrifft alle Übel, die der Geist der Finsternis im Herzen des Menschen und in seiner Geschichte zu entfachen vermag: die er auch in unserer Zeit entfacht hat…. Dir, o Mutter, vertraue ich die Welt, alle Menschen und alle Völker an, […] ich lege sie in dein mütterliches Herz. O Unbeflecktes Herz! Hilf uns, den Schrecken des Bösen zu überwinden, das so leicht in den Herzen der modernen Menschen Wurzeln schlägt – ein Böses, das mit seinen unabsehbaren Folgen bereits auf unserer Gegenwart lastet und die Wege in die Zukunft zu verschließen scheint.“ Nach der Weihe der Welt an Maria, der Mutter der Kirche, überreichte der Heilige Vater dem Bischof von Fatima ein einzigartiges Geschenk mit den Worten: „Dies ist die Kugel, die am 13. Mai 1981 aus meinem Körper entfernt wurde; die andere ist irgendwo auf dem Petersplatz verloren gegangen. Sie gehört nicht mir, sondern Derjenigen, die über mich gewacht und mich gerettet hat. Mögen Sie sie nach Fatima bringen und im Heiligtum anbringen, als Zeichen meiner Dankbarkeit gegenüber der Allerheiligsten Jungfrau Maria, als Zeugnis der großen Werke Gottes.“

Der Tag, an dem die ganze Welt der Gottesmutter geweiht wurde, wurde zu einem Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Bald darauf brach die UdSSR, das erste atheistische Imperium des Bösen in der Geschichte, das um jeden Preis das Christentum vernichten wollte, zusammen. In der Sowjetunion kam Michail Gorbatschow an die Macht, es begannen Veränderungen, die als Perestroika bekannt sind, die einige Jahre später zum endgültigen Zusammenbruch des gesamten kommunistischen Systems führten.

Die Sowjetunion zerfiel. Polen und andere Länder erlangten ihre Unabhängigkeit zurück, und den Gläubigen wurde das Recht auf Ausübung ihrer Religion wieder gewährt. Wir sind Zeugen des großen Wunders der Muttergottes, eines Wunders, das in Fatima vorhergesagt wurde.

Die mütterliche Hand

Am 13. Mai 1994 befand sich der Heilige Vater in der Gemelli-Klinik in Behandlung, nachdem er sich einen Oberschenkelhalsbruch am rechten Bein zugezogen hatte. An diesem Tag richtete er eine Osterbotschaft an die italienischen Bischöfe, in der er schrieb: „Ich schreibe diese Worte heute, am 13. Mai, aus der Poliklinik Agostino Gemelli. Erlaubt mir, liebe Brüder, mit meinen Gedanken zu dem zurückzukehren, was vor 13 Jahren auf dem Petersplatz geschah. Wir alle erinnern uns an den Moment, als am Nachmittag Schüsse fielen, um den Papst zu töten.

Die Kugel, die die Bauchhöhle durchschlug, befindet sich heute im Heiligtum von Fatima, der von dieser Kugel durchlöcherte Gürtel im Heiligtum von Jasna Gora. Es war die mütterliche Hand, die den Lauf der Kugel lenkte, und der sterbende Papst, der eilig in die Gemelli-Klinik gebracht wurde, wurde an der Schwelle des Todes aufgehalten. Im September letzten Jahres, als ich das Antlitz der Muttergottes im Heiligtum der Ostra Brama in Vilnius betrachten konnte, richtete ich an Sie die Worte des großen polnischen Dichters Adam Mickiewicz: ‚Heilige Jungfrau, die Du Jasna Częstochowa beschützt und in der Ostra Brama strahlst! Du hast mich durch ein Wunder wieder gesund gemacht!‘ Ich sagte dies am Ende des Rosenkranzgebets, das im Heiligtum der Ostra Brama gebetet wurde. Und meine Stimme brach.“

Im Zusammenhang mit all diesen Ereignissen ist die Erklärung von Kardinal Sodano, nach der Seligsprechungsmesse der Fatima-Hirten Francisco und Jacinta am 13. Mai 2000, von außerordentlicher Wichtigkeit und Bedeutung. „Der Heilige Vater“, so der Kardinal, „hielt es nach dem Attentat vom 13. Mai 1981 für selbstverständlich, dass eine mütterliche Hand den Lauf der Kugel lenkte, dank derer der Papst, der sich im Todeskampf befand, an der Schwelle des Todes stehen blieb.“ Anlässlich des Besuchs des Bischofs von Leiria und Fatima in Rom beschloss der Papst, die Kugel, mit der auf ihn geschossen wurde, dem Heiligtum von Fatima zu schenken. Sie wurde auf Initiative des Bischofs in die Krone der Statue der Muttergottes von Fatima eingesetzt.

Die nachfolgenden Ereignisse des Jahres 1989 brachten sowohl in der Sowjetunion als auch in zahlreichen osteuropäischen Ländern den Zusammenbruch des kommunistischen Regimes, das den Atheismus verbreitete. Auch dafür dankte der Papst der Jungfrau Maria aus tiefstem Herzen. In anderen Teilen der Welt hörten die Angriffe auf die Kirche und die Christen und das damit verbundene Leid jedoch nicht auf. Selbst wenn die Ereignisse, auf die sich der dritte Teil des Geheimnisses von Fatima bezieht, der Vergangenheit anzugehören scheinen, behält der Ruf der Muttergottes vom Anfang des 20. Jahrhunderts zur Umkehr und Buße auch heute noch seine Aktualität. In ihren Botschaften schien Maria die Zeichen der Zeit – die Zeichen unserer Zeit – mit besonderem Scharfsinn zu lesen. Ihr dringender Aufruf zur Buße ist nichts weniger als ein Ausdruck ihrer mütterlichen Sorge um das Schicksal der Menschenfamilie, die der Umkehr und Vergebung bedarf.

Quellen:

A. Frossard, Fürchtet euch nicht, Vatikan 1982;

T. Styczeń SDS, Erzbischof S. Dziwisz, Das Gebet von Gethsemane dauert noch an, Lublin 2003.