Der Schatz des Glaubens

Am 13. Dezember 2002 starb Leonardo Mondadori in Mailand im Alter von 56 Jahren. Er war Eigentümer und Präsident eines der größten Verlagsimperien der Welt, Arnoldo Mondadori Editore.

Unter der Präsidentschaft von Leonardo veröffentlichte der Mondadori-Konzern jedes Jahr Hunderte von neuen Büchern, besaß 49 Pressetitel, modernste Druckanlagen und war an der Hälfte der Pressekonzerne der Welt beteiligt; er war ein Tycoon auf dem weltweiten Verlagsmarkt und unangefochtener Marktführer im Medienbereich. Bis heute ist es das größte Verlagshaus Italiens.

Leonardo Mondadori ist in einem religiös gleichgültigen Umfeld aufgewachsen und hat die meiste Zeit seines Lebens weder gebetet noch an den Sakramenten teilgenommen. Seit er 1992 unerwartet sein Leben Christus anvertraut hat, entdeckte er mit zunehmender Überzeugung und Freude das Glück, Katholik zu sein. Seine Glaubenserfahrung hat er in dem Buch „Conversione. Una storia personale“ (Bekehrung. Eine persönliche Geschichte) beschrieben, das ein echter Bestseller wurde.

In diesem Buch bekennt Mondadori, dass er die Freude an der Entdeckung Christi mit all jenen teilen wollte, die sich aus verschiedenen Gründen vom Christentum abgewendet hatten. Er wollte, dass sie versuchen, in den Schoß der Kirche zurückzukehren: „Ich weiß, dass es viele Vorbehalte und Zweifel gegenüber dem Glauben gibt, aber ich bitte Sie, sich nicht entmutigen zu lassen und sich nicht zurückzuziehen, sondern denken Sie über das nach, was ich schreibe. Vielleicht wird es Ihnen helfen, etwas Licht zu finden und Sie zu einer freudigen Entdeckung des Schatzes des Glaubens in der katholischen Kirche anzuregen“.

In der Dunkelheit des Unglaubens

Leonardo Mondadori wurde 1946 in Mailand geboren, seine Mutter Laura war die Tochter des berühmten Arnold Mondadori, Gründer und Inhaber eines der größten Medienkonzerne der Welt – Arnoldo Mondadori Editore. Leonardos Vater, Giorgio Forneron, war kein Katholik und gehörte der protestantischen Waldenserkirche an. Leonardo war zwei Jahre alt, als sich seine Eltern scheiden ließen. Von da an hatte sein Vater keinen Kontakt mehr zu ihm. Er wurde von seiner Mutter und seinem Großvater aufgezogen. 1951 erhielt der fünfjährige Leonardo per Dekret des italienischen Staatspräsidenten den Nachnamen seines Großvaters, der seinen Enkel zum Erben seines gesamten Vermögens machen wollte. Berühmtheiten aus der Kulturwelt waren Gäste im Hause Mondadori: Thomas Mann, Walt Disney, Giuseppe Ungaretti, Dino Buzzati oder Eugenio Montale. Der Junge wuchs in einer Atmosphäre völliger Gleichgültigkeit gegenüber Glaubensfragen auf, und religiöse Themen kamen in Gesprächen nicht vor. Leonardos Großmutter empfing erst mit 70 Jahren, an ihrem 50. Hochzeitstag, die Erstkommunion. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der fünfjährige Leonardo getauft. Der Junge besuchte Schulen, in denen ein christenfeindliches Klima herrschte, und interessierte sich überhaupt nicht für religiöse Fragen. In seiner Jugend war Leonardo aktives Mitglied in antiklerikalen und sozialistischen Organisationen. Er entschied sich für ein Studium der Philosophie, um sich umfassend auf seine spätere Tätigkeit als Herausgeber vorzubereiten. Sein Großvater, der sich um eine umfassende Ausbildung seines Enkels kümmerte, schickte ihn in verschiedene Druckereien, damit der junge Mann lernen konnte, wie ein Verlagsimperium funktioniert. Im Alter von 18 Jahren, während eines Urlaubs in Cortina, verliebte sich Leonardo in Paula, die Tochter des bekannten Industriellen und Millionärs Zanussi, eines Herstellers von Haushaltswaren. Nach vier Jahren der Bekanntschaft heirateten die Verlobten 1968 kirchlich. Leider währte ihre Ehe nur sieben Jahre. Als sie sich trennten, war Paula mit ihrem ersten Kind, Tochter Martina, schwanger. Mondadori erinnerte sich Jahre später: „Die Spannungen zwischen uns waren so groß, dass für uns beide die Trennung die beste Lösung war. Und so trennten wir uns für immer. Erst vor einigen Jahren habe ich dank des Lichts des Glaubens verstanden, was das Sakrament der Ehe wirklich ist und was es wirklich bedeutet, es in der Kirche zu empfangen. Wir hatten damals – obwohl offiziell katholisch – nicht die geringste Ahnung, was dieses Sakrament bedeutet. Heute gibt es ein noch größeres Unverständnis für die Unauflöslichkeit des Ehesakraments. Man glaubt, die Liebe der Eheleute sei nichts anderes als Zuneigung, und zu lieben bedeute, „etwas zu fühlen“. Wenn das Gefühl verblasst und die Eheleute sich gegenseitig nicht mehr attraktiv finden, dann hat jeder das Recht, seinen eigenen Weg zu gehen auf der Suche nach einer neuen Beziehung und einem neuen Gefühl. Selbsthingabe, Selbstaufopferung, Vergebung, Verständnis, Geduld, unerschütterliche Treue, mit anderen Worten, alles, was eine dauerhafte Einheit zwischen einem Mann und einer Frau, trotz des Laufs der Zeit und der Stürme des Lebens, möglich macht, ist verloren gegangen, oft nicht aus bösem Willen, sondern als Folge eines Verlusts des christlichen Glaubens.“

Seine Scheidung von Paula erregte großes Aufsehen in den italienischen Medien. Kurz darauf ging Mondadori eine Beziehung mit einer anderen Frau ein. Aus dieser Beziehung gingen zwei Kinder hervor. Auch hier hielt die Beziehung nicht lange; sie endete in einem Streit und wiederum – in einer öffentlichkeitswirksamen Scheidung.

Zur gleichen Zeit starb Leonardos Mutter. Es war eine sehr schwierige Zeit für ihn: „An Weihnachten jenes Jahres war ich völlig allein, hatte zwei gescheiterte Ehen hinter mir, drei Kinder, die bei zwei Müttern verteilt waren, den Tod meiner Mutter und ernsthafte Probleme im Verlag…. Wenn ich auf mein Leben zurückblickte, sah ich ein einziges großes Chaos. Zwar hatte ich gewisse Erfolge auf beruflicher Ebene, aber ich versagte völlig im persönlichen Leben. Ich wusste, dass in meinem Umfeld Freundschaften oft nur formell und vorübergehend sind. Wenn der Erfolg vorbei ist, verlassen einen sogar diejenigen, die einem am nächsten zu stehen schienen. Da begann ich mich zu fragen: Was ist der Sinn von all dem?

Diese traurigen Erfahrungen reichten jedoch nicht aus, damit Leonardo zur Besinnung kam und nach dem Sinn des Lebens suchte. Er ließ sich damals nur von seinen Gefühlen und seinen Sinnen leiten, und so kam es zu weiteren Liebesbeziehungen zu verschiedenen Frauen, Verschwendung und einem Leben in Luxus.

Die Entdeckung der Quelle der Freude

Erst 1992 fand Leonardo den größten Schatz und die Freude seines Lebens. Ausgelöst wurde diese erstaunliche Entdeckung durch die zufällige Lektüre eines kleinen Buches mit dem Titel „Der Weg“, das 1939 erstmals veröffentlicht wurde – ein Buch, das zu einem weltweiten Bestseller wurde. Es wurde vom heiligen Josemaría Escrivá de Balaguer, dem Gründer des Opus Dei, geschrieben. Vertreter des Opus Dei wollten dieses Buch bei Mondadori veröffentlichen, damit es einen breiteren Leserkreis erreichen konnte. So hatte Leonardo die Gelegenheit, diese Publikation zu lesen und sich mit Mitgliedern des Opus Dei zu treffen. Einer von ihnen stellte ihn einem Priester vor. Nach einigen Monaten der Bekanntschaft mit diesem Priester, nach Gesprächen und inneren Kämpfen, entschied sich Mondadori, für die erste Beichte seit seiner Kindheit. Die Begegnung mit Christus im Sakrament der Buße verwandelte und erneuerte ihn geistig völlig – er wurde zu einem Mann, der vor Lebensfreude sprudelte. So schrieb er über die Beichte: „Eine gut vollzogene, aufrichtige Beichte ist eine der größten Quellen der Freude. Dann erhältst du die Gewissheit, wieder im Haus des Vaters aufgenommen zu werden: du wirst mit Gott, mit dir selbst und mit anderen versöhnt. Auch, oder vielleicht vor allem, durch dieses Sakrament fühle ich mich zutiefst katholisch: Es genügt mir nicht, mich alleine mit Gott auseinanderzusetzen, wie es die Protestanten empfehlen. Ich brauche die Gegenwart eines Priesters, der durch die Macht des Priestertums Christi, Sünden vergibt und die unendliche Barmherzigkeit Gottes bezeugt. War es nicht Jesus selbst, der den Aposteln und ihren Nachfolgern die Vollmacht zur Sündenvergebung anvertraut hat? Große Freude nach einer gut vollzogenen Beichte entsteht immer aus dem Leiden, das durch das Konfrontieren mit der nackten Wahrheit über sich selbst, über seine eigene geistige Armut entsteht. Diese, meine erste Beichte seit meiner Kindheit, hat mich viel gekostet. Sie hat mir die Ungeheuerlichkeit von Sünden vor Augen geführt, von denen ich vorher gar nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt existieren.

Eine dieser zuvor unbewussten Sünden war das Verleumden. In den Kreisen, in denen sich Mondadori aufhielt, waren Klatsch und Tratsch über Abwesende das Hauptthema gesellschaftlicher Treffen. Erst nach seiner Bekehrung und nach der ersten Beichte erkannte Leonardo die ganze Abscheulichkeit der Sünden der Verleumdung, des schlechten Redens über andere. Im Lichte seines Glaubens verstand er die Notwendigkeit, die Würde jedes Menschen zu achten und das Gebot Christi zu erfüllen, niemanden zu richten oder zu verurteilen.

Auf die erste Beichte folgte auch die erste heilige Kommunion am Weihnachtsabend in der St. Patrick’s Cathedral in New York. Mondadori erinnert sich: „Bei dem Gedanken, dieses unglaubliche Geschenk zu empfangen, das Christus selbst in der Heiligen Kommunion ist, zitterte ich am ganzen Körper vor Rührung und weinte vor Freude.“

Leonardo war kein introvertierter Mensch, sondern sehr gesellig und voller selbstloser Freundlichkeit gegenüber allen. Als er begann, in die Kirche zu gehen und sich unter praktizierenden Christen aufzuhalten, war er überrascht von der Atmosphäre der Freundlichkeit und Liebe, die dort herrschte. Er sah, welch große und wohltuende Wirkung ihr Glaube, der sich im täglichen Gespräch mit Gott ausdrückte, auf das Verhalten dieser Menschen hatte. Er konnte den diametralen Unterschied im Klima zwischen dem Umfeld der Gläubigen und denen, die nichts mit dem Glauben zu tun hatten, spüren. Leonardo sah mit eigenen Augen, dass Menschen, die ihren Glauben lebten, Optimismus und Lebensfreude ausstrahlten.

Als er nach seiner Bekehrung seine erste Frau traf, fragte sie, als sie sein lächelndes Gesicht sah: „Was ist mit dir passiert? Hast du etwa eine Schönheitsoperation gehabt?“. Die Frau war der Meinung, dass nur eine Schönheitsoperation seinem Gesicht den Ausdruck eines aufrichtigen und dauerhaften Lächelns hätte verleihen können. Leonardo antwortete: „Du hast Recht, ich hatte eine plastische Operation, aber nicht im Gesicht, sondern in meiner Seele“. Der völlige Gesinnungswandel nach seiner Bekehrung führte sogar zu Gerüchten, die behaupteten, Leonardo habe angefangen, Drogen zu nehmen oder Alkohol zu trinken, denn anders könne er nicht so fröhlich, herzlich und lächelnd sein.

Mondadori schrieb: „Auf den Spuren Christi zu wandeln, bringt die Entdeckung einer Dimension der Freude und des Optimismus mit sich, die im Umfeld der Menschen aus der Wirtschaft, Kultur und Kunst, in der ich am häufigsten anzutreffen bin, nicht existiert. Es ist eine wunderbare und einzigartige Dimension – die Freude“.

Ist es nicht bemerkenswert, dass gerade diese Freude, trotz mancherlei Leiden allen zuteilwird, die den „verborgenen Schatz“ des Glaubens gefunden haben und mit Christus durchs Leben gehen? Leonardo betonte: „Die einzige Quelle jeder wahren Freude ist eine gut vollzogene Beichte. Wenn ich den Beichtstuhl verlasse, möchte ich vor Freude pfeifen“. Natürlich bezog er sich dabei auf die regelmäßige sakramentale Beichte und nicht auf eine einzelne, sporadische Episode im Leben. Regelmäßige Begegnungen mit Christus in der Beichte, sind für das geistliche Wachstum und die Vertiefung des Glaubens unerlässlich. Sie sind eine Quelle wahrer Freude. Für Leonardo wurde die Notwendigkeit einer regelmäßigen Beichte und einer geistlichen Führung, offensichtlich.

„Was auch immer du tust, tu es so gut wie möglich“

Leonardos Beichtvater legte großen Wert darauf, dass der Büßer seine täglichen Pflichten perfekt erfüllt. Er wiederholte oft: „Was auch immer du tust, tu es so gut wie möglich“. Der Priester verpflichtete ihn dazu, einen täglichen Tätigkeitsplan aufzustellen und dieses strikt einzuhalten. Er erklärte ihm, dass Disziplin und eine geordnete Arbeitsweise für das geistliche Leben wichtig seien. Leonardo befolgte diese Anweisungen. Er schrieb: „Ich habe gelernt, dass für mein geistliches Leben das tägliche Gebet, morgens und abends, möglichst zur gleichen Zeit, die tägliche Lektüre der Heiligen Schrift und anderer geistig bereichernder Texte unerlässlich sind. Ich erkannte, dass die Sonntagsmesse nicht als Pflicht, sondern als Notwendigkeit, Freude und Feier betrachtet werden sollte. Und all jenen, die sagten, sie hätten keine Lust, zur Messe zu gehen, weil sie von den Predigten gelangweilt seien, antwortete Mondadori wie folgt: „Ich bin entsetzt über eine solche Erklärung, denn der Hauptzweck des Besuchs der Messe ist ja nicht eine Predigt zu hören, sondern Christus in der Eucharistie zu begegnen, das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi zu erleben, der sich unter den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar darbringt. Das ist das Wichtigste in jeder Messe: Wir gehen zur Sonntagsliturgie, um uns an diesem Geheimnis zu nähren, nicht nur, um eine Predigt zu hören. Wir sollten uns freuen, wenn die Predigt interessant ist, weil sie uns in unserem Glauben stärkt, aber wenn sie langweilig ist, sollte das in unserem Bewusstsein nicht die Tatsache überschatten, dass die Messe in erster Linie eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus ist, der unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig ist.“

Leonardo erinnerte uns daran, dass es die Protestanten sind, die glauben, dass die Predigt das Wichtigste an einem Sonntagsgottesdienst ist, und dass sich daher alles auf die Person des Predigers konzentriert. In der katholischen Kirche hingegen ist der Höhepunkt der Messe die Verwandlung des Brotes in den Leib Christi und des Weines in sein Blut – nicht die Predigt. Wenn der Priester kein guter Redner ist, muss man geduldig sein und daran denken, dass wir zur Messe kommen, um Christus persönlich in der Eucharistie zu begegnen.

„Die Verpflichtung zum Besuch der Messe“, schreibt Mondadori, „ist für mich keine Last, sondern ein unglaubliches Geschenk. Ich bin sehr glücklich, dass ich auf diese Weise gemäß dem Gebot ‚den Feiertag heiligen’ kann. Die Messe gibt mir spirituelle Kraft, sie ist das Herzstück meines religiösen Lebens; sie erinnert mich daran, dass der Tod bereits besiegt ist, dass Jesus wirklich auferstanden ist, dass die Finsternis des Bösen nicht das letzte Wort haben wird, dass es eine wunderbare, von den Sinnen nicht wahrgenommene Wirklichkeit gibt, an der wir für alle Ewigkeit teilhaben werden.“

Das Geschenk eines Reinen Herzens

Vom Zeitpunkt seiner Bekehrung an lebte Leonardo im Zölibat. Viele konnten diese radikale Haltung nicht verstehen. Mondadori beschreibt, wie er das Geschenk des Reinen Herzens erhielt: „Trotz zweier Scheidungen und anderer periodischer Beziehungen zu Frauen, fühlte ich immer noch die Anziehungskraft der Frauen. Die alten Moralisten bezeichnen diesen Zustand als die Sünde der Promiskuität. Aber meine Einstellung zu Frauen hatte auch etwas Tiefes und Edles: Ohne eine Frau, ohne ihre Anwesenheit und emotionale Unterstützung schien mir das Leben unmöglich. Da ich geschieden war, konnte ich es mir nicht erlauben, mit einer Frau zusammenzuleben. Um es mit den Worten des heiligen Paulus auszudrücken, war dies für mich ein besonders schmerzhafter „Dorn im Fleisch“, von dem ich mich auf menschliche Weise zu befreien versuchte. Dank einer Anregung meines Beichtvaters wandte ich mich eines Tages mit dem Gebet des heiligen Bernhard an die Muttergottes: „Gedenke, o mildreichste Jungfrau Maria, niemals ist es gehört worden, dass du jemand verlassen hättest, der zu dir seine Zuflucht nahm, deine Hilfe anrief und dich um deine Fürbitte anflehte!…“. Es war für mich eine unglaubliche Erfahrung – die Gnade der Reinheit des Herzens, um die ich gebeten hatte – wurde mir sofort gewährt. Ich weiß, dass ich mich auf dem schmalen Grat der Versuchung bewege, dass ich immer noch fallen kann, aber ich weiß auch, dass, wenn dies geschehen sollte, es allein mein Verschulden wäre und nicht die mangelnde Hilfe von Maria.“

Glaube ist keine Illusion

Auf den Vorwurf, sein Glaube könne eine Illusion sein, antwortete Mondadori, dass dies nicht der Fall sei, da er auf konkreter täglicher Erfahrung basiere. „Wie kann mein Glaube illusorisch sein, wenn er mir jeden Tag, in den schwierigsten Situationen, Gelassenheit, Freude und moralische Stärke verleiht?“.

Für Leonardo war klar, dass ein Gläubiger betet, also einen persönlichen Kontakt mit Gott hat: „Aus dem täglichen Gebet schöpfe ich immer wieder die bestätigte Gewissheit, dass wir es beim Beten nicht mit in den Wind gesprochenen Worten zu tun haben, sondern dass es ein Dialog mit einem Vater ist, der seinen Kindern zuhört. Jedes Mal, wenn ich mich an Ihn wandte, um Ihn um etwas zu bitten, das für mich geistlich notwendig war, erhielt ich eine sofortige und vollständige Antwort.“

Diese Art von Erfahrung der greifbaren Macht der Gnade, war für Mondadori ein unbestreitbares Argument, um jeden Zweifel an den objektiven Wahrheiten des Glaubens zu überwinden. Für Leonardo wurde die Glaubwürdigkeit des Evangeliums durch seine persönliche Erfahrung bestätigt: „Wenn wir das Evangelium ernst nehmen und anfangen, es zu leben, dann beginnt es zu ‚funktionieren’ – und das ist für mich das Kriterium für seine Wahrhaftigkeit“. Das sind Tatsachen, gegen die keine Argumente gelten. Deshalb waren für Leonardo die Argumente der Skeptiker, der Spott und der Hohn der Ungläubigen, die vermeintlichen „Wahrheiten“ verschiedener Professoren bedeutungslos, wenn ihm seine persönliche, täglich verifizierte Erfahrung mit Gott das Gegenteil sagte. „Der heilige Johannes erinnert die Christen daran, dass Gott und Liebe Synonyme sind. Ich weiß also nicht nur, sondern erlebe ganz konkret, dass alles, was Jesus offenbart hat, wahr ist.“ Die Wahrhaftigkeit des Glaubens findet ihre Bestätigung nicht so sehr in apologetischen Büchern (verteidigend, Anm. d. Übers.), sondern vor allem im Leben der Menschen, deren Glaube sie geformt hat. Ein weiteres Motiv für die Glaubwürdigkeit der katholischen Lehre und Moral war für Leonardo die Tatsache, dass sie eine logische Einheit und ein untrennbares Ganzes bilden: „Und hier fand ich die Antworten auf meine Fragen. Antworten, die sowohl den Verstand als auch das Herz befriedigten“.

Faszination für Christus und die katholische Kirche

Leonardos Faszination für Christus, der in der Gemeinschaft der katholischen Kirche gegenwärtig ist, war so groß, dass er erklärte, er könne nie aufhören, katholisch zu sein: „Das Papsttum, die Muttergottes, die Heiligen, die persönliche Gegenwart Christi in den Sakramenten der Buße und der Eucharistie, der Kontakt mit Gott durch die Gemeinschaft der Kirche und der Priester…. All diese Dinge sind für mich so logisch, dass sie mir instinktiv geworden sind. Und hier verlasse ich mich mehr auf meine Erfahrung als auf Bücher und theologische Debatten. Je mehr ich versuche, dem Weg zu folgen, den mir die Lehre der Kirche weist, desto mehr finde ich die überzeugenden Antworten, die ich suche, und die spirituelle Hilfe, die ich erwarte“.

Leonardo war von der Entdeckung des Schatzes des Christusglaubens in der Gemeinschaft der katholischen Kirche so fasziniert, dass er nicht die Absicht hatte, sich über die verschiedenen Varianten des Protestantismus oder der Sekten zu informieren. Auch für nichtchristliche Religionen interessierte er sich überhaupt nicht. Auf die Frage, worauf er seine Überzeugung stütze, dass die katholische Religion die einzig wahre sei, antwortete er: „Ich habe mich für den katholischen Glauben entschieden, weil er die einzige Religion ist, die auf der Grundlage eines unendlichen Aktes der Liebe, der von Menschen bezeugt wurde, errichtet wurde. Es ist wahr, dass der Gott auch in anderen Religionen gegenwärtig ist, aber in unvollständiger Weise. Es ist zu bedenken, dass in den nichtchristlichen Religionen der Mensch gezwungen ist, Gott zu suchen. Die Wege sind vielfältig, die Taten des Glaubens einzigartig, die Gebete schön. Aber Gott bleibt weit entfernt, unerreichbar, unverständlich. Nur im Christentum ist es umgekehrt: Nicht der Mensch sucht das Antlitz Gottes, sondern Gott selbst macht sich auf, den Menschen zu suchen. Im Geheimnis der Menschwerdung wird er ein wirklicher Mensch und offenbart sich den Menschen in der konkreten Geschichte, die in den Evangelien beschrieben wird. Gott, der Herr, offenbart sein wahres Gesicht in Jesus Christus und verlangt von uns nur eines: dass wir auf seine Liebe antworten. Können wir etwas anderes erwarten? Jesus ist kein Guru und lehrt uns keine Erleuchtung, keine Atemtechniken, keine Methoden zur Beruhigung des Geistes, keine Entspannung. Stattdessen offenbart er uns die Liebe des Vaters im Himmel und lehrt uns, wie wir diese Liebe leben können, um Heilige zu werden und das ewige Leben zu erlangen. Das ist wahrlich eine „frohe Botschaft“. Macht es also Sinn, in anderen Brunnen nach Wasser zu suchen, wenn ich das Glück habe, es direkt aus der Quelle zu schöpfen, die neben mir ist, und das schon seit meiner Geburt? Als Christen sind wir Zeugen der einzigen Botschaft, die die ganze Wahrheit enthält, bei allem Respekt vor den Anhängern anderer Religionen, die zwar Teile der Wahrheit besitzen, aber nicht die ganze Wahrheit.“

Die Freude, die weder Leid noch Tod nehmen können

Mondadori lernte die Glaubenswahrheiten durch das Studium des Katechismus der Katholischen Kirche kennen, aber die wahre Entdeckung der Glaubensgeheimnisse erlangte er durch die Erfahrung von Leid und Krankheit. Leonardo erkrankte 1997, fünf Jahre nach seiner Bekehrung, an Krebs. Bis dahin erfreute er sich bester Gesundheit, schwamm viel und spielte Tennis. Eines Tages verspürte er Schmerzen – die Ärzte diagnostizierten Schilddrüsenkrebs und Tumore an der Leber und der Bauchspeicheldrüse. Mondadori unterzog sich einer Behandlung im Memorial Hospital in New York. Vor der Operation zur Entfernung des Tumors ging er im Januar 1998 zur Generalbeichte und empfing das Sakrament der Krankensalbung in einer New Yorker Gemeinde bei Pater Richard Neuhaus, einem bekannten Autor zahlreicher Bücher, der vor seiner Konversion zum katholischen Glauben ein protestantischer Pfarrer gewesen war.

Die Krankheit hat Leonardo nicht gebrochen, sondern ihn in seinem Glauben und Vertrauen auf Gott gestärkt. Gerade in den kritischsten Momenten seines Lebens erlebte er die enorme geistige Kraft, die aus dem Glauben fließt. Menschlich betrachtet gab es in Leonardos letzten Lebensjahren keinen Grund zur Freude: zwei Scheidungen, Krebs und eine Schilddrüsenoperation. Er musste auf jede Reise eine Tasche mit Spritzen und Medikamenten mitnehmen, um sich jede Nacht eine Injektion zu geben, um das Wachstum der Krebszellen in seiner Bauchspeicheldrüse und seiner Leber zu stoppen. Trotz seiner Leiden und Schwierigkeiten strahlte Mondadori bis zum Ende seines irdischen Lebens eine Freude aus, deren einzige Quelle die Vereinigung mit Gott durch den Glauben war. Er schrieb: „Für manche ist das Leben düster, für andere grau. Für mich ist es strahlend. Viele Elemente tragen zur Helligkeit meiner gegenwärtigen Existenz bei: Eines Morgens vor vier Jahren entdeckte ich plötzlich, dass ich an Schilddrüsen-, Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs leide. Aus diesem Grund muss ich mich täglich einer speziellen Behandlung unterziehen, aber ich arbeite weiter. Durch mein Verschulden bin ich weit von Paula entfernt, die, trotz der Scheidung, aus christlicher Sicht weiterhin meine Frau ist und die meine Tochter zur Welt gebracht hat, während die beiden anderen Kinder aus meiner zweiten Ehe stammen. Dennoch führe ich ein intensives christliches Leben. Und genau diese Glaubensperspektive ist es, die mein Leben trotz aller Schwierigkeiten und Leiden mit Freude und Optimismus erfüllt.“

Die Operation zur Entfernung der Bauchspeicheldrüse war erfolgreich. Es wurde auch festgestellt, dass durch pharmakologische Maßnahmen das Wachstum der Krebszellen in der Leber gestoppt werden konnte. Von da an musste Leonardo täglich Medikamente einnehmen, Injektionen bekommen und viermal im Jahr zu Kontrolluntersuchungen nach New York fliegen.

Als er im Krankenhaus menschliches Elend und Leiden sah, wurde sich Mondadori bewusst, dass nur das Kreuz Christi eine Antwort auf diese menschlich hoffnungslosen, dramatischen Situationen gibt. Für ihn war das Leiden und der Aufenthalt im Krankenhaus eine äußerst wertvolle Erfahrung und eine Entdeckung der Wahrheit über sich selbst. Er schrieb: „Wahrscheinlich war meine größte Versuchung der Stolz. Das Gefühl, dass man, wenn man gesund ist, respektiert wird und es einem gut geht, der Mittelpunkt des Universums ist. Und dort, im Krankenhaus, wurde ich zu einem an Krebs erkrankten Einwanderer, der, wie andere, in den Augen der Welt anonym ist. Dort, im Memorial Hospital, wurde ich erneut davon überzeugt, dass der Glaube keine philosophische Idee, keine Ethik, kein Ideal oder eine Weisheit ist, sondern die Gegenwart Gottes, der die Liebe ist. Ein solcher Glaube überwindet die Einsamkeit und schenkt einen großen geistigen Frieden. Es war eine sehr konkrete, greifbare Erfahrung der Gegenwart Gottes, die viel bedeutender ist, als das Resultat irgendeines kognitiven Prozesses. Und unter diesen Umständen beginnst du zu erkennen, dass du von jemandem abhängig ist, der dich sehr liebt, und nicht von einem anonymen und blinden Schicksal. Du rechnest dann mit der Möglichkeit des Todes, aber ohne Angst, ohne nervöses Verstecken (wie es in unserer Kultur üblich ist) und ohne so zu tun, als sei nichts geschehen, als gäbe es den Tod nicht. Dank des Glaubens erlebte ich die Gegenwart Christi, und dann verschwanden alle Traurigkeit und Apathie, so dass ich weiterhin das lieben konnte, was ich immer geliebt hatte: das pulsierende Leben der Metropole mit ihren unendlichen Möglichkeiten. Der Glaube gab mir auch die Gewissheit der Nähe aller Verstorbenen, angefangen bei meiner Mutter, die auf geheimnisvolle Weise in einer unsichtbaren Dimension der Wirklichkeit weiterleben, die von der unseren überhaupt nicht getrennt ist.“

Diejenigen, die sich Christus mit all ihren Problemen anvertrauen, erleben in ihrem Leben die Erfüllung seiner Verheißung: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“ (Mt 11,28).

Leonardo lehnte die mögliche Legalisierung des Rechts auf Euthanasie entschieden ab, für das dieselben Kreise, die das „Recht“ auf die Tötung ungeborener Kinder und auf Scheidungen durchgesetzt hatten, immer aufdringlicher kämpfen. Dies zeigt, in welch tragischer Situation sich die Menschheit befindet. Durch die Ablehnung Gottes, der all unser Leiden auf sich genommen hat, verlieren die Menschen den letzten Sinn des Lebens, und das Leiden wird für sie zu einer Tragödie, die es zu verbergen und auf jede erdenkliche Weise zu verkürzen gilt.

Die Krönung des irdischen Lebens

Leonardo behielt seinen Tod im Blick, betrachtete ihn als den Höhepunkt seines gesamten irdischen Lebens und als den Beginn der unvorstellbaren Freude des ewigen Lebens, in Liebe und Frieden mit Gott. Er war oft erstaunt, wenn er seine Arbeitskollegen sah, die sich mit großer Übertreibung um vergängliche Dinge kümmerten und bemühten, während sie alles, was ihr ewiges Leben betraf, völlig vernachlässigten. Von den Gleichnissen des Evangeliums war dasjenige, das ihn am meisten dazu inspirierte, sich auf den Tod vorzubereiten, das Gleichnis vom Hausherrn, der, als er auf eine lange Reise ging, seinen Dienern bestimmte Aufgaben übertrug. Jesus schloss dieses Gleichnis mit der Ermahnung: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!: „Wachet auf!““ (Mk 13,35.37). Was erwartete Leonardo im Augenblick seines Todes? Er schrieb, es sei ein „Eintreten in eine Welt des Lichts , in der der Sinn und die Bedeutung von allem endlich klar sein wird. Die Befreiung von den Einschränkungen, die uns fesseln, und die volle Verwirklichung unserer Möglichkeiten. Liebe ohne jegliche Einschränkungen, aller zu allen. Die unendliche Vervielfältigung der Freude, die wir hier auf Erden nur vorgekostet haben […]. Über Tod, Gericht, über Ewigkeit denke ich jeden Abend nach, wenn ich bete und Rechenschaft über den erlebten Tag ablege. Ich bin mir der Gerechtigkeit Gottes bewusst, aber mit Vertrauen übergebe ich mich der Barmherzigkeit Gottes und finde Trost im Gebet: ‚Heilige Maria…, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes’.“