Gott weiß, was am besten für uns ist

„Vertreibe die Traurigkeit aus deinem Herzen. Sorge dich nicht um zukünftige Tage. Entsetze dich nicht über sie. Was auch immer sein wird, es wird gut für dich und für Meine auserwählten Kinder sein“, sichert der Herr Jesus der Mystikerin Alicja Lenczewska zu. Vom Vertrauen zur Göttlichen Vorsehung sprechen auch verschiedene Heilige und Selige.

Gott hat einen guten Plan

Es ist schwer, sich die Kirche und die Welt ohne das 27-jährige Pontifikat des hl. Johannes Paul II. vorzustellen. Und doch war der Weg Karol Wojtylas nach Rom keineswegs ein leichter. Der Abiturient aus Wadowice, der in seiner Jugend von der Welt der Poesie, der Literatur und des Theaters fasziniert war, sah seine Zukunft im Bereich der Kunst. Im Alter von achtzehn Jahren zog er nach Krakau um und begann dort ein Studium der Polonistik an der Jagiellonen-Universität. Er lernte die Sprachtheorie kennen, verfasste Gedichte, trat im Studententheater auf. Der Kriegsausbruch behinderte die Pläne des jungen Wojtyla zunächst nicht, er schuf im Untergrund als Schauspieler und Regisseur das Rhapsodische Theater mit, rezitierte Gedichte und träumte von einer Rolle als Künstler in einem freien Polen. Durch tragische Ereignisse, darunter den plötzlichen Tod seines Vaters, sah sich Karol gezwungen, seine Berufung neu zu überdenken. Wojtyla vernahm die Stimme des Herrn immer deutlicher, die ihn zum Dienst für Gott berief.

Nach einem Gespräch mit dem damaligen Rektor des Priesterseminars, Hochwürden Jan Piwowarczyk, entschied er sich zum Eintritt in das Priesterseminar. Nach einigen Jahren der Ausbildung im Seminar begriff der Alumnus aus Wadowice Gottes Pläne jedoch auf eine Art und Weise, die ihn niemals dazu gebracht hätte, zum Papst gewählt zu werden. Ein Jahr vor seiner Priesterweihe dachte Karol Wojtyla, fasziniert von der Spiritualität des hl. Johannes vom Kreuz und der großen hl. Teresa von Avila, daran, das diözesane Priesterseminar zu verlassen und den Habit der Karmeliter anzulegen. In diesen Wechsel willigte damals der Metropolit von Krakau, Kardinal Stefan Sapieha, nicht ein. Der junge Kleriker Wojtyla nahm diese Entscheidung im Geiste des Gehorsams an, in dem festen Glauben, dass Gott durch seinen Vorgesetzten seinen Willen für Karol kundtat. Schließlich begann Karol Wojtyla am 1. November 1946 seinen 32-jährigen priesterlichen und bischöflichen Dienst, der ihn zum Tag des 16. Oktobers 1978 hinführte, an dem die ganze Welt von dem neugewählten Papst aus dem „fernen Land“ erfuhr.

Die Vorsehung führte den jungen Mann aus Wadowice (durch äußere Ereignisse und andere Menschen) also so, dass der Plan für das viele Gute gelingen konnte, das sich später durch das Pontifikat von Johannes Paul II. verwirklichen sollte. Die Vorsehung Gottes ist nämlich nichts anderes als die „Fügungen, durch die Gott alle Geschöpfe mit Weisheit und Liebe ihrem letzten Ziel entgegenführt“ (KKK 321). Die Quelle des Wortes „Vorsehung“ selbst deutet in der deutschen Sprache schon auf das Sehen hin, also auf Nach-etwas-Schauen, das Sorgen für etwas, das Sich-Kümmern um jemanden oder etwas. Jesus der Herr bekannte Alicja Lenczewska: „Mein Auge wacht über alles und Mein Blick durchdringt alles. Nicht nur Mein Blick. Auch Meine Liebe. Alles geschieht in ihr“ (Zeugnis, 168). „Die Fürsorge der Vorsehung“, präzisiert hingegen der Katechismus der Katholischen Kirche, „ist konkret und unmittelbar; sie kümmert sich um alles, von den geringsten Kleinigkeiten bis zu den großen weltgeschichtlichen Ereignissen“ (KKK 303).

Das Wachen der Göttlichen Vorsehung negiert nicht den Wert der persönlichen Entscheidungen des Menschen, noch nimmt sie ihm diese ab. Gott hat die Menschen frei und vernunftbegabt geschaffen, damit sie an Seiner Vorsehung teilhaben und die Werke der Schöpfung durch ihre eigenen Entscheidungen, ihr Wirken, ihre Gebete oder Leiden vollenden (vgl. KKK 306-308,311). Karol Wojtyla hat in seinem Gewissen den Willen Gottes begriffen und ist ihm gefolgt. In Situationen, in denen sich seine Lebensform ohne sein Zutun änderte (z.B., als er im Alter von 38 Jahren als Bischof nominiert oder dann zwanzig Jahre später zum Papst gewählt wurde), konnte er die Einladung zu dieser unerwarteten Mission annehmen und in einer neuen Rolle den Willen Gottes verwirklichen. Bis heute überzeugt der hl. Johannes Paul II. durch sein Beispiel jene, die befürchten, etwas zu verlieren, wenn sie Gottes Wegen folgen, davon, dass „Gott nichts wegnimmt, und wenn Er etwas wegnimmt, dann nur, um mehr zu geben.“

Das Gute ist größer als das Böse

Doch was ist mit einer Situation, in der das Böse über das Schicksal eines Menschen entscheidet? Kann man dann, in solch einer tragischen Erfahrung, sagen, dass Gott die Menschen vergessen hat und dass die Göttliche Vorsehung aufgehört hat zu wachen? Der Katechismus lehrt: „Dass Gott das physische und das moralische Böse zulässt, ist ein Mysterium, das er durch seinen Sohn Jesus Christus erhellt, der gestorben und auferstanden ist, um das Böse zu besiegen. Der Glaube gibt uns die Gewissheit, dass Gott das Böse nicht zuließe, wenn er nicht auf Wegen, die wir erst im ewigen Leben vollständig erkennen werden, sogar aus dem Bösen Gutes hervorgehen ließe“ (KKK 324).

Ein Führer auf dem schwierigen Gebiet, Gottes Willen angesichts physischen und moralischen Unrechts zu finden, kann für uns der Priester Wladyslaw Bukowinski sein, der „Apostel Kasachstans“, der 2016 seliggesprochen wurde. Er wurde im Vorkriegspolen erzogen und zum Juristen ausgebildet und machte nach seiner Ausbildung zum Priester und der Priesterweihe eine glänzende Karriere in der Kirche. Schnell wurde er zu einem geschätzten Dozenten, zum Pfarrer der Dompfarrei in Luzk (heutige Ukraine, Anm. d. Übers.), zu einer bekannten Gestalt der örtlichen Gesellschaft. All dies wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zunichte gemacht, als Pfarrer Bukowinski in verschiedene Gefängnisse eingesperrt und schließlich in sowjetischen Lagern untergebracht wurde, wo er dreizehn schwere Jahre verbrachte. Die verlorenen Posten, vor allem aber die mörderische Arbeit, der Hunger, die Kälte, die Krankheiten und die Demütigungen hätten so manchen gebrochen. Nicht jedoch Pfarrer Bukowinski. Dieser außergewöhnliche Priester war nämlich davon überzeugt, dass alles in seinem Leben in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes geschah und einen tiefen Sinn hatte. Daher rebellierte Hochwürden Wladyslaw nicht nur nicht gegen das Unrecht, das ihm widerfuhr, sondern er nahm es als Teil von Gottes Plan für sich an, wobei er darauf vertraute, dass Gott aus jedem Übel Gutes hervorbringen kann.

Und das tat Er. Infolge der Kriegsgeschehnisse und der Politik der sowjetischen Machthaber wurde Pfarrer Bukowinski im Jahr 1954 nach Kasachstan verbannt, wo die Katholiken seit Jahren keinen einzigen Priester mehr hatten. „Die Göttliche Vorsehung wirkt manchmal auch durch Atheisten, die mich dorthin sandten, wo ein Priester benötigt wurde“, kommentierte Wladyslaw Bukowinski. Er blieb bis zu seinem Lebensende in einem dem Christentum feindlich gesinnten kommunistischen Land, wo er trotz zahlreicher Schikanen unermüdlich Christus verkündigte und die Sakramente spendete. Er beklagte sich nicht über die schwierigen seelsorgerlichen Bedingungen, in denen er ebenfalls die Verwirklichung von Gottes Willen sah. In einem Brief an Freunde in Polen bekannte Hochwürden Bukowinski: „Es gibt einige Schwierigkeiten, die aus meinen außerordentlich unbestimmten Lebensbedingungen resultieren. Ich muss immer noch wie »die Vögel des Himmels« leben. Wenn ich planen könnte, wäre es menschlich gesehen besser, doch offensichtlich plant die Vorsehung für mich. Und so ist es mit Sicherheit am besten!“ In einem ähnlichen Geist kommentierte er Jahre später die Beschränkungen, die der Reichweite seiner Mission auferlegt wurden: „Es ist nicht mein eigener Wille, sondern der der Vorsehung – es ist lieblich, ihr vollkommen zu vertrauen. Und auch im jetzigen Fall ist es nicht schwer, denn die Last ist leicht, und das Joch ist süß.“

Zum Vertrauen fügte Pfarrer Bukowinski noch die Tugend der Geduld hinzu – zwei Heilmittel (so nannte er sie) gegen jegliche Schwierigkeiten und Misserfolge. Eine solche Haltung kann man von ihm lernen und dabei an die Worte einer anderen großen Gestalt der Katholischen Kirche denken: die des hl. Thomas Morus. Mit folgenden Worten tröstete er seine Tochter vor dem Märtyrertod: „Nichts kann geschehen, wenn Gott es nicht will. Und alles, was Er will, und erscheine es uns auch als das Schlimmste, ist für uns das Beste.“

Vertrauen im Alltag

Die Antwort des Menschen auf das Handeln der Göttlichen Vorsehung ist eine Haltung des Vertrauens: „Jesus verlangt eine kindliche Hingabe an die Vorsehung des himmlischen Vaters, der sich um die geringsten Bedürfnisse seiner Kinder kümmert: »Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? … Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen: dann wird euch alles andere dazugegeben« (Mt 6,31-33)“ (KKK 305).

Die heilige Mutter Teresa von Kalkutta, die ihr Leben aus Liebe zu Christus den Ärmsten widmete, ist ein Vorbild für diese Haltung. Während eines Treffens mit Klerikern in Warschau im Jahr 1995 bekannte die Nobelpreisträgerin, als sie von der Mission der Schwestern der Nächstenliebe erzählte: „Wir erhalten für die Arbeit, die wir tun, von der Regierung oder von der Kirche keinen Lohn. Wir sind wie die Vögel und die Blumen Gottes, die vollkommen von der Göttlichen Vorsehung abhängig sind. Es ist etwas Wunderbares, wie sehr die Göttliche Vorsehung uns im jeweiligen Moment zu Hilfe kommt.“ Weil die Missionarin der Liebe selbst sehr oft erfahren hatte, wie Probleme und Schwierigkeiten sich auf beinahe wundersame Weise auflösten, ermutigte sie auch andere zu einem solchen Vertrauen. Als sich die Franziskaner in New York, die dort den Menschen am Rande der Gesellschaft dienen, aufgrund 600.000 Dollar Schulden sorgten, wovon sie leben sollten, hörten sie von Mutter Teresa den Rat: „Macht euch keine Sorgen. Der Herrgott hat sehr viel Geld. Die einzige Bedingung ist: Man muss Ihm blind vertrauen.“ Und wirklich, kurz darauf erhielten die Ordensmänner eine Million Dollar von einem anonymen Spender…

Doch was bedeutet es, zu vertrauen? Es bedeutet, zu glauben, dass Gott den Menschen nicht vergessen hat und dass Er sich um ihn kümmert. Darauf zu zählen, dass trotz der erfahrenen Schwierigkeiten, die die Versuchung der Entmutigung mit sich bringen, es Gott ist, der das letzte Wort spricht. Er ist es, der alles erhält, und Er ist es auch, der die besten Mittel zur Heiligung auswählt. Der Mystikerin Alicja Lenczewska sagte der Herr Jesus: „Zweifle niemals. Es kann keinen Irrtum geben, wenn jemand sich Mir anvertraut. Jeder zweifelnde Gedanke ist eine Versuchung, um die Hingabe und das Werk, das Ich schaffe, zu schwächen. Es ist nicht möglich, dass Ich ein Kind verlasse, das Ich auf Meinen Armen trage. Analysiere nichts. Liebe und vertraue“ (Zeugnis, 549).

Vertrauen ist eine herausfordernde Haltung, nicht nur, wenn einem die Mittel zum Leben fehlen, es familiäre oder andere Probleme gibt, sondern sie kann auch die Ebene des Geistes betreffen. Auch in diesem Fall kann man sich an das Beispiel der hl.  Mutter Teresa halten.

Die Heilige von Kalkutta ist nämlich eine besondere Patronin jener Menschen, die die sog. dunkle Nacht des Glaubens durchleben, die also trotz eines Lebens in der heiligmachenden Gnade Gottes Gegenwart nicht spüren, sondern geradezu den Eindruck haben, als würde ihr frommes Leben Gott nicht gefallen. Mutter Teresa war selbst mehrere Jahrzehnte in solch einer schwierigen Situation und blieb trotz des gewaltigen Schmerzes der Einsamkeit und der Sehnsucht nach Jesus Gott und der Kirche bis zum Ende treu. „Manchmal ist die Agonie dieser Qual so groß“, schrieb sie, „und gleichzeitig die Sehnsucht nach dem Abwesenden so tief, dass das einzige Gebet, das ich noch aussprechen kann, die Worte sind: Heiligstes Herz Jesu, ich vertraue auf Dich; ich werde Deinen Durst nach Seelen stillen.“ Sie behielt nichts für sich. Sie gab sich Gott ganz hin, indem sie der Göttlichen Vorsehung vertraute: „Wenn es Dir Ehre bringt, wenn es Dir ein wenig Freude gibt – wenn es Seelen zu Dir führt, wenn mein Leiden Deinen Durst stillt – dann bin ich da, Herr, ich nehme alles mit Freude bis zum Ende meines Lebens an und werde Deinem verborgenen Antlitz zulächeln – immer.“

Gott weiß es besser

Die Heiligen und Seligen überzeugen uns davon, dass es sich trotz aller äußeren oder inneren Schwierigkeiten lohnt, Gott zu vertrauen und sich nicht zu fürchten, denn alles ist in Gottes Händen. „Nehmen wir alles an als etwas, das aus der Hand des Barmherzigen Vaters kommt“, riet der selige Priester Michal Sopocko, der Seelenführer der hl. Faustina. „Alles, sowohl das Gute als auch das, was uns als Übel erscheint, denn wir sehen hier nur die Kehrseite des Teppichs, und sehen die andere Seite nicht, wie nämlich der Plan Gottes aussieht, der aus unseren Leiden einen Kranz aus Rosen zu unserer ewigen Belohnung webt.“ 

Und der Mystikerin Alicja Lenczewska versicherte Jesus: „Ich führe jeden auf einem Weg, der seinen Möglichkeiten entspricht. Einen maximal optimalen Weg. Deswegen sind die Wege verschieden und man sollte niemanden um dessen Weg, Erfahrungen oder Gnaden beneiden. Jeder erhält das, was für ihn das Richtigste und Beste ist, auch wenn es anders erscheinen mag. Ihr habt keinen vollen Überblick über alles. Daher müsst ihr Mir vertrauen und in das einwilligen, was Ich in eurem Leben tue. Mit Freude und Vertrauen einwilligen, weil dies das Beste von allem ist, was sein könnte“ (Zeugnis, 147).