Wie kann man einen Rückfall in vergangene Sünden vermeiden?

Was können wir tun, um nicht in die Sünden der Vergangenheit zurückzufallen? Welcher Eifer steckte einst in uns! Es mag in unserem Leben ganze Perioden, Wochen und Monate gegeben haben, in denen wir mit ruhigem Gewissen sagen konnten, dass wir bewusst keine Sünden, keine Lügen, keine Verleumdungen begangen haben. Dann begann dieser gute Wille langsam zu bröckeln, und es kam wieder Traurigkeit in die Seele.

Was ist der Grund dafür? Der erste Grund für den Rückfall in vergangene Sünden ist der Wunsch, sie zu rechtfertigen. So wie wir vielleicht manchmal gesagt haben: „Nun, in diesem Fall hätte ich nicht anders handeln können…“. Du hast zwar gebeichtet, weil es eine Sünde und ein Vergehen gegen Gott, den Herrn, war, aber du hast es nicht mit tiefer Überzeugung und Reue getan, sondern eher mit Unachtsamkeit. Vielleicht hast du über jemanden gelästert und dich dann selbst damit beruhigt, dass es die „Wahrheit“ sei. Manchmal ist es schwer zu unterscheiden, ob dies zum Wohle der anderen Person geschah oder nur, um sie zu kritisieren. Diese Rechtfertigung von Sünden demoralisiert uns sehr.  Denn danach fällt es uns immer leichter, solche Sünden zu begehen, was uns von unserem Herrn Jesus entfernt und zu einem Hindernis zwischen Ihm und uns wird.

Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Todsünde und lässlicher Sünde. Unser Weg zu Gott könnte mit einer geraden Straße von München nach Salzburg verglichen werden. Eine Todsünde wäre es, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Die lässliche Sünde hingegen ist kein Abbiegen in die entgegengesetzte Richtung, sondern eine gewisse Abweichung vom Weg. Wenn wir diesen Vergleich weiter anwenden, so können wir sagen, dass es bereits eine Abweichung vom geraden Weg wäre, wenn jemand, der von München nach Salzburg geht, vorübergehend ein anders Ziel verfolgt, indem er zum Beispiel in Felden abbiegt, um im Chiemsee zu baden. Auch die lässliche Sünde ist ein Abweichen vom geraden Weg zu Gott und ein vorübergehendes Verfolgen eines irdischen Zieles. Das Bad im See hat dem Menschen offenbar neue Kraft gegeben, aber es hat seine Ankunft am Ziel verzögert, denn der Weg von hier aus ist nicht mehr die gerade Autobahn, sondern ein Umweg mit Hindernissen. Ebenso ist unser Weg zu Gott nach lässlichen, freiwilligen und vorsätzlichen Sünden nicht mehr leicht, und zwar durch unser eigenes Verschulden. Wir haben dann nicht das Recht zu verlangen, dass der Herr Jesus uns in einem „Flugzeug“ mitnimmt, denn wir selbst sind von dem ebenen, geraden Weg der Gotteskindheit abgekommen. Das Beste ist also, auf diesen Weg zurückzukehren, aber dafür muss man Zeit und Kraft investieren, und das ist aufwendig. […]

Aber wo fängt man an? Es ist notwendig, die eigene Ohnmacht zu erkennen, zu erkennen, dass man sich aus eigener Kraft nicht bessern kann. Einst schien es so, als ob man die Sünden schon losgeworden wäre und „nicht mehr“ in sie zurückfallen könnte, aber nun erkennt man, dass das aus eigener Kraft gar nicht möglich ist. Die Demut wird tiefer, man erkennt die eigene Ohnmacht und beginnt, demütig zu bitten, aber nicht wie ein Kind, das meint, der Vater „müsse“ geben. Der Mensch findet heraus, dass es nicht selbstverständlich ist die Gnade zu empfangen, und wenn er sie nach vielen Bitten doch empfängt, versteht er, dass er sich der Gnade mehr zuwenden muss, um ihr leichter folgen zu können. In der vollkommenen Liebe Gottes gibt es nicht nur bewusste lässliche Sünden, sondern auch etwas, was man „Halbsünden“ nennen könnte. Zum Beispiel ist es schwierig, etwas als glatte Lüge zu bezeichnen, wenn es sich um eine Form der Verdrehung handelt. Es geht nicht darum, etwas zu verheimlichen, was geheimgehalten werden sollte und das jemand von einem herauspressen will, ohne das Recht dazu zu haben, es ist aber eine Lüge, wenn man zum Beispiel, aus Angst, dass jemand etwas von einem verlangt oder zu viel von einem will, keine klare Antwort gibt. Diese Art des Ausweichens wird aus Bequemlichkeit geboren, aus der Angst, ausgenutzt zu werden, mehr tun zu müssen, mehr geben zu müssen. Diese Angst führt dazu, dass wir in Untreue verfallen, in Halbsünden. Es ist schwer zu sagen, wie viel bewusstes Handeln, wie viel Wunsch nach Pseudo-Selbstschutz da ist, oder ob es sich in Wirklichkeit um Selbstliebe handelt.

Was kann uns davon befreien? Nur die Gnade Gottes. Was es braucht, ist ein Gebet um Licht, ein grelles, göttliches Licht, in dem sich nichts mehr verstecken kann, das dafür sorgt, dass der Mensch sich nicht mehr selbst täuschen kann. Was wir brauchen, ist die lebendige Erwartung, dass Gott selbst uns aufrichten wird, weil wir es aus eigener Kraft nicht schaffen können. Gott wird auf uns hören, wenn uns der gegenwärtige Zustand des Geistes so sehr anwidert, dass wir um keinen Preis in ihn zurückfallen wollen. […]

Neben dem bewussten Denken oder „Nicht-Denken“ kann es auch verborgene Ambitionen, Absichten, Bestrebungen geben, sogar geistige. Wir müssen bereit sein, all dies aufzugeben und zu akzeptieren, dass Gott uns wie ein Werkzeug benutzt, ohne uns zu perfektionieren. Je perfekter das Werkzeug ist, desto härter ist es, desto weniger nutzt es sich ab. Wir müssen aber auch damit einverstanden sein, dass der Herrgott uns nicht widerstandsfähiger und zäher machen wird, sondern dass wir unvollkommene Werkzeuge sein werden und dass wir uns in unserer Arbeit für Gott abnutzen lassen werden müssen; diese „Abnutzung“ ist nicht angenehm, aber sie kann eine Art Opfer sein, das Gott für uns vorgesehen hat.

Wünschen wir uns also, Gott gegenüber immer kleiner zu werden, uns Ihm noch besser hinzugeben, als wir es bisher getan haben.

„Gott, lass mich begreifen dass ich selbst nicht wirklich verstehe, was meine Pflicht ist, was mein Glück ist. Aber ich will Dich, Gott, als meinen besten Vater anerkennen, der in mir nur ein kleines, ungeschicktes Kind mit einem sehr begrenzten Verstand sieht. Den Rest meiner Vernunft, der noch in mir ist, möchte ich Dir vollständig übergeben. Ich erkenne auch, dass mein Wille so schwach ist wie der eines Kindes. Ich kann nichts vollbringen, ich kann keine Opfer bringen. Deshalb möchte ich diesen schwachen Willen ganz an Dich abgeben. Ich habe Angst, darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte, also werde ich nur an die Tatsache denken, dass Du unendlich gut bist. Ich erlaube Dir, meinen Willen so zu lenken und zu verändern, dass er Dir völlig gehorsam und untertan ist.

So übergebe ich Dir, himmlischer Vater, meine höchsten Kräfte, die Du mir gegeben hast: die Vernunft und den Willen und alles von mir. Tu mit mir, was Du willst“.

Quelle: Pfarrer Aleksander Woźny, Bóg jest najważniejszy, (dt. Gott ist am Wichtigsten). Poznań 1994, S. 50-56.