Vor dem Bild der Muttergottes von Jasna Góra (Polen) stehend, stellte Fulla Maria ein Ultimatum: „Wenn ich innerhalb von drei Monaten – ganz einfach, ohne Wunder, ohne Erschütterungen, ohne außergewöhnliche Dinge – den Glauben und ein inneres Gefühl für Gott bekomme, gelobe ich, dem Himmel bis zu meinem Tod zu dienen“.
Fulla (Stefania) Horak wurde im Jahr 1909 in Ternopil (Tarnopol, Ukraine) geboren und wuchs in Lemberg (Lviv, Ukraine) auf. Ihre Großmutter und ihr Großvater stammten aus der Tschechischen Republik, waren aber, wie der Rest ihrer Familie, große polnische Patrioten. Die Brüder von Fulla, Tadeusz und Marian, gaben 1920 im Kampf gegen die Bolschewiki ihr Leben für die Freiheit Polens. Fulla Horak studierte Philosophie und Musik am Musikkonservatorium in Lemberg. Schon zu Beginn ihres Studiums lehnte sie die traditionelle Religiosität ab und glaubte nicht mehr an die Existenz Gottes. In einem ihrer Briefe aus dieser Zeit schrieb sie: „Ich fühle eine solche Kälte in meinem Herzen, als hätte ich einen Eisblock in der Brust, und gleichzeitig überkommt mich ein brennendes Verlangen nach der Unendlichkeit […]. Und über allem steht diese brennende Sehnsucht nach der unbegreiflichen und doch erahnbaren – Ewigkeit“.
Sie suchte unermüdlich nach der Wahrheit
Unter einer Schicht von Unglauben und Rebellion trug Fulla eine unstillbare Sehnsucht nach Gott in sich. Während ihrer ersten Jahre an der Universität wurde das Mädchen sehr schwer krank und war dem Tod nahe. Diese Erfahrung half ihr jedoch nicht, wie sie zugab, „den Schleier zu durchstoßen, der mich von Gott trennte“.
Nach ihrer Genesung widmete sie sich ganz ihrem Musikstudium, hörte in Cafés und Bars Jazzmusik, ging ins Kino, ins Theater und machte Ausflüge an den Strand und in die Berge. Doch diese Aktivitäten brachten Fulla keinen inneren Frieden. Sie beobachtete, wie Gleichaltrige nach Liebe suchten und wunderte sich, dass ein unvollkommener Mensch das ganze Herz eines anderen Menschen gewinnen kann. Sie schrieb: „Was haben sie davon? Eine kurze, mehr oder weniger starke Verwirrung, eine Menge Sorgen, Kummer und immer wieder Enttäuschung. Ich konnte nicht begreifen, warum sie, unbeeindruckt von der Erfahrung, immer wieder von vorne anfangen und ihren einzigen Reichtum, das Herz, in immer neuen Gefühlen aufreiben“.
Männer voll guten Willens versuchten, Fullas Herz zu gewinnen, aber ihre Zuneigung erschien ihr – wie sie selbst schrieb – „eine Parodie auf das, worauf ich beharrlich gewartet hatte […]. Es konnte kein Mensch sein! Selbst der Vollkommenste besitzt nicht mehr als ein anderer“. Das Mädchen sehnte sich von ganzem Herzen danach, die Wahrheit zu erfahren und die unendliche Liebe zu erleben, deren Existenz sie spürte, auch wenn sie nicht an Gott glaubte.
Aus Sehnsucht nach Spiritualität nahm Fulla an spiritistischen Séancen teil, gab diese Praktiken aber bald wieder auf, da sie erkannte, dass „solche Versuche wie eine Wanderung in einer dunklen, blinden Gasse sind, die nirgendwo hinführt“. Unter ihren Freundinnen, die in die Kirche gingen, gab es einige, deren tägliches Leben weit von den Grundsätzen der katholischen Moral entfernt war. Fulla fragte rhetorisch: „Warum diese schäbige, ängstliche Vortäuschung? Warum dieses Verstecken hinter Schein und Form? Vor wem? Für wen?“.
Das Mädchen konnte den Sinn des Lebens nicht erkennen und wurde von Selbstmordgedanken heimgesucht. Sie schrieb: „Ich erinnere mich auch an das hinterlistige Kalkül in mir: Wenn es »Dort« nur ein »Nichts« gibt – werde ich es sowieso nicht herausfinden. Und wenn es wirklich irgendein »Alles« geben sollte – werde ich keine Zweifel mehr haben. Ich werde endlich die Wahrheit kennen!“.
Ein bahnbrechendes Ereignis
Im März des Jahres 1935 hörte Fulla von einer Wunderheilung, die vor dem Bild der Muttergottes in Jasna Góra (Tschenstochau, Polen) stattgefunden hatte. Sie dachte, dass sie, obwohl sie nicht gläubig war, zur Pilgerstätte fahren und um Licht für ihre Seele bitten müsse. Als sie vor dem Bild der Muttergottes von Jasna Góra stand, war sie „verzweifelt wegen des völligen Mangels an Empfindungen“. Und dann stellte Fulla Maria in ihrem Herzen ein Ultimatum: „Wenn ich innnerhalb von drei Monaten – einfach, ohne jegliche Wunder, ohne Erschütterungen, ohne außergewöhnliche Dinge – den Glauben und ein inneres Gefühl für Gott bekomme, gelobe ich, dem Himmel bis zum Tod zu dienen. Zugleich habe ich beschlossen, drei Monate lang zu beten: Gedenke, o seligste Jungfrau Maria, und alles zu tun, was den Vorschriften der katholischen Kirche entspricht“.
Nach ihrer Rückkehr von Tschenstochau nach Lemberg ging Fulla zur Beichte. Sie beichtete aufrichtig ihre Sünden und sagte dem Priester, dass sie keinen Glauben habe. Trotzdem ermutigte der Priester sie, die heilige Kommunion zu empfangen. Drei Monate lang erfüllte die junge Frau eifrig ihre Verpflichtungen gegenüber Maria, aber in ihrem Leben änderte sich nichts. Sie beschrieb ihren Gemütszustand wie folgt: „Ich befand mich immer noch in einem Vakuum, schwer beladen mit Fragen und Problemen… In meiner Entmutigung versuchte ich nicht einmal mehr, sie zu formulieren. Wozu auch? Wenn niemand gewillt ist, zu antworten“. Fulla war am Boden zerstört, aber sie hörte nicht auf, jeden Tag das kurze Gebet zu beten, das ihr der Beichtvater aufgetragen hatte: „Gott, wenn es Dich gibt, schenke mir Licht!“.
Der 10. August 1935 war ein entscheidendes Datum im Leben von Fulla. An diesem Tag nahm die Atheistin an einem gesellschaftlichen Treffen teil, bei dem eine Frau erzählte, sie habe die Muttergottes in Jasna Góra um Hilfe gebeten und sei erhört worden. Als Fulla dies hörte, reagierte sie emotional und behauptete, die Muttergottes existiere nicht und dass es sich daher nur um einen Zufall handeln könne. Während der hitzigen Diskussion begründete sie, warum sie nicht gläubig ist. Sie hatte das Gefühl, dass sie eine intellektuelle Überlegenheit gegenüber den Teilnehmern des Treffens hatte. Erst am Ende der Diskussion, als Fulla sicher war, alle von ihren Argumenten überzeugt zu haben, wandte sich die Frau, die in Jasna Góra eine Gnade erfahren hatte, mit den Worten an sie: „O Gott! Wie unglücklich Sie sein müssen, dass Sie nicht glauben können. Diese Worte, die von Mitleid, Mitgefühl und der inneren Kraft des Glaubens erfüllt waren, berührten Fulla so tief, dass sie heftig zu weinen begann. „Jeder Nerv in mir weinte“, schrieb sie, „jeder Teil meines Wesens zitterte vor einem Schmerz, den ich nicht verstand […]. Alles um mich herum war verschwunden – und alles, was blieb, war dieses unkontrollierbare, erschütternde Weinen“. Während dieses reinigenden Weinens sahen die im Wohnzimmer versammelten Frauen ein mystisches Licht über dem Kopf von Fulla. Sie selbst war jedoch davon überzeugt, dass sie eine große Demütigung erfahren hatte. Sie flüchtete in ein anderes Zimmer, legte sich auf das Sofa und versuchte, ihre Emotionen unter Kontrolle zu bringen. Auf einmal spürte sie einen starken, heißen Strom durch ihren Körper fließen. Diese von außen kommenden Wärmewellen brachten tiefen Frieden und Freude mit sich.
Als Fulla nach Hause kam, sagte sie vor dem Schlafengehen wie immer: „Gott, wenn es Dich gibt, dann schenke mir Licht“, und sie brach erneut in Tränen aus. Sie dachte, es sei der Beginn einer Hysterie, doch dann spürte sie wieder eine seltsame Welle der Wärme und des Glücks, die von außen kam. Sie bemerkte auch eine Art stehende Gestalt. Sie erkannte, dass es die Seele eines Verstorbenen war, die sie bat, für sie zu beten. Von diesem Moment an erlangte Fulla Gewissheit über den Glauben an ein Leben nach dem Tod und an die Existenz Gottes.
Begegnungen mit Heiligen
Nachdem sie drei Tage lang für die Seele gebetet hatte, die ihr erschienen war, spürte Fulla beim Beten, dass sie von einer Aura des Friedens und des Glücks umgeben war. Sie sah eine außergewöhnlich schöne junge Nonne in ihrem Zimmer, die sie sanft anlächelte und sagte, sie würde am nächsten Samstag wiederkommen. Fulla spürte ein geheimnisvolles Strahlen, Liebe und Frieden, die von der Nonne ausgingen, die ebenso unerwartet wieder verschwand, wie sie erschienen war. Bei der nächsten Erscheinung stellte sich heraus, dass es sich bei dieser Schwester um die heilige Magdalena Sophie Barat (gestorben 1865 in Paris) handelte, die Gründerin der Ordensgemeinschaft Sacré Coeur. Sie und Kardinal Mercier (gest. 1926 in Brüssel) waren es, die Jesus beauftragte, Fulla auf ihrem Glaubensweg zu begleiten. Die Frau wurde später von anderen Heiligen heimgesucht: dem heiligen Stephanus, dem heiligen Nikolaus, dem heiligen Andreas Bobola, dem heiligen Johannes Bosco, dem heiligen Johannes Vianney, der heiligen Katharina Emmerich, der heiligen Therese vom Kinde Jesu, Pier Giorgio Frassati, der heiligen Jeanne d’Arc. Diese Heiligen erschienen Fulla auf sehr reale Weise. Diese greifbare Erfahrung der übernatürlichen Dimension der Wirklichkeit verwandelte sie völlig. Sie erkannte, dass der einzige Sinn ihres Lebens darin bestand, in der Vereinigung mit Gott zu wachsen, und zwar in Liebe, Demut und völligem Gehorsam gegenüber seinem Willen.
Die heilige Magdalena Barat bat Fulla, alles aufzuschreiben, was ihr mitgeteilt werden sollte. Während sie sich Notizen machte, bewegte sich der Bleistift, den die Mystikerin in der Hand hielt, auf dem Papier von selbst. Bei einer der ersten Begegnungen sprach die heilige Magdalena so: „Ich möchte Frieden und Ruhe in deine Seele bringen. Liebe mich immer gleich. Ich bin ein Geschöpf Gottes. Stelle Gott, den Sohn und die Gottesmutter in den Vordergrund; es ist immer gut, mit Gott zu leben und ihm alle deine Sorgen zu übergeben. Ich möchte dir helfen, dich auf die Beichte vorzubereiten“.
Die heilige Magdalena sorgte dafür, dass Fulla das Sakrament der Buße mit Würde empfing. Die ehemalige Atheistin beichtete mit großer Reue dem in diesem Sakrament anwesenden Jesus ihre Härte im Unglauben und ihre Rebellion gegen Gott, den Herrn, sowie ihren Eifer, anderen den Glauben zu nehmen. Während ihres Bekenntnisses klammerte sich Fulla mit ganzem Herzen an Christus und nahm das Geschenk seiner unendlichen Barmherzigkeit an. Es war für sie eine Erfahrung großer Freude der geistlichen Auferstehung. Am nächsten Tag besuchte sie die heilige Messe und mit tiefem Glauben und Liebe empfing sie, in ihrem Herzen, Christus in der heiligen Kommunion… Während der Danksagung erlebte Fulla zum ersten Mal die Ekstase der Liebe zu Jesus. Sie beschrieb es folgendermaßen: „Die Liebe, die ich in diesem Augenblick für Ihn empfand, ist mit nichts zu vergleichen. Ich hatte keinen Körper und keine Seele mehr, ich war nur noch ein Herz, und ich spürte, wie Sein Heiligstes Herz mich umhüllte“. Von diesem Tag an wurde es für die Mystikerin zur geistigen Qual, wenn sie Jesus nicht in der Heiligen Kommunion empfangen konnte. Sie betete unablässig, verharrte mit ganzem Herzen bei Jesus, dem Herrn, und versuchte, anderen Menschen auf verschiedene Weise zu helfen. Die heilige Magdalena ermahnte Fulla, die Schöpfung nicht mehr zu lieben als Gott. Sie gab ihr auch konkrete Anweisungen: „Jeder heilige Tag muss mit der Messe und guten Werken gefeiert werden. Respektiere alle Sorgen, die deine Eltern um dich haben. Töte nicht den guten Impuls in deiner eigenen Seele oder in der Seele eines anderen. Vermeide unreine Sünden in Gedanken, Worten und Taten. Tue den Armen nicht unrecht. Sprich nicht schlecht über Menschen. Kultiviere keine Begierde. Faste Freitags und an anderen Fasttagen für Jesus. Für alle begangenen Sünden tue Buße in dieser Welt, um in schweren Zeiten nicht zu klagen“.
Die heilige Magdalena machte Fulla klar, wie sehr Gott, der Herr, den freien Willen des Menschen achtet: „Weder Gott noch sonst jemand kann dem Menschen seinen freien Willen nehmen […]. Denke daran, dass nicht einmal Gott – und schon gar nicht ein Heiliger – dem Menschen seinen Willen aufzwingen kann. Alles muss sich im Herzen kristallisieren und reifen… Die Kraft kommt aus dem Herzen Jesu… Wenn es um irdische Dinge geht, darf der Mensch nicht stolz und selbstsicher sein, aber wenn es um heilige Dinge geht, muss man hoch – sehr hoch – hinaus wollen und die höchsten Ziele anstreben.“
Die wichtigste Aufgabe
Nach vielen Jahren der geistlichen Leere und Sehnsucht, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, war Fulla fassungslos über alles, was ihr widerfahren war. Sie erkannte, dass alle geistlichen Genüsse nicht zum Ziel für sich werden sollten, sondern nur eine Nahrung und eine Hilfe auf dem Weg zur Vereinigung mit Gott. Es wurde ihr bewusst, dass sie die Gier der inneren Empfindungen in sich selbst bekämpfen und eine innere und äußere Selbstdisziplin aufbringen musste, die nicht das geringste Zugeständnis zuließ. Sie sah es als ihre wichtigste Aufgabe an, Gott von ganzem Herzen zu lieben. Sie entdeckte, dass es notwendig war, mit Freundlichkeit und Freude, Nachsicht und Vergebung auf die Menschen zuzugehen, ohne Dankbarkeit zu erwarten, ihnen Rat und Hilfe anzubieten, Streitigkeiten zu besänftigen, Traurigkeit zu zerstreuen und Verzweiflung zu vertreiben. Fulla verstand auch, wie wichtig es ist, ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, ihre beruflichen Kenntnisse zu vertiefen, pünktlich zu sein und auf ihre Gesundheit zu achten, ihren Schlaf, ihre Ernährung und ihre Freizeitaktivitäten zu regeln. Es wurde ihr klar, dass man alles dem Herrn übergeben muss, jeden Gedanken und jede Arbeit. Man muss bei der Arbeit beten und gegen Widrigkeiten ankämpfen, indem man sich daran erinnert, dass Gott, der Herr, uns kennt und alles sieht. Man muss Ihn von ganzem Herzen lieben und sich als sein Kind fühlen. Die heilige Magdalena wies Fulla auch an, Gott um Demut und kindliches Vertrauen zu bitten: „Wer die Demut aus Liebe zu Gott annimmt, den wird Gott zur Größe erheben […]. Gehe freudig, was auch immer geschieht. Erinnere dich daran, dass du nicht allein bist, dass sich Jemand um dich kümmert, Jemand, der jetzt mehr tun kann als zu der Zeit, als Er auf der Erde war. Zu oft vergisst du, dass du noch immer in der Welt lebst. Verachte die menschliche Freundschaft nicht. Lasse alles hinter dir, was zur Sünde führen kann […]. Lies gute Literatur, nicht nur religiöse Literatur. Die Philosophie führt zu nichts […]. Entledige dich der Laster: des Rationalismus, des Hochmuts, der Trägheit des Geistes, der Gleichgültigkeit und des Aufzwingens eigener Ansichten auf andere. Fürchte nichts als die Sünde, bewahre deine Seele in Freude und Stille. Liebe, und veredle mit der Liebe jedes Werk […]. Die nützlichste Abtötung ist die freiwillige und systematische Abkehr von den eigenen Lastern […]. Der Gott wohlgefälligste Mensch ist ein reiner und fröhlicher Mensch, der Frieden und sonnige Stille in die Seelen seiner Mitmenschen bringt“.
Fulla verstand, dass Jesus nicht will, dass wir anderen etwas aufzwingen, sondern dass wir sein Evangelium leben, es an andere weitergeben, Gutes tun und seine Liebe vergegenwärtigen. Ab März 1937 verfiel Fulla jeden ersten Freitag im Monat in Ekstase, wenn sie von der Messe nach Hause kam. Sie gab zu: „Die Freitags-Ekstasen unterschieden sich von den vorangegangenen dadurch, dass ich nach ihnen in einen tiefen Schlaf fiel und erst gegen Abend wieder aufwachte. […] Die Seele will nach der zuvor erlebten Fülle, in die sie eingetaucht war, nicht in den Alltag zurückkehren, der so trist und grau ist. Nach jeder solchen Freitagsekstase fühle ich mich geistig wie eine neu aufgeladene Batterie“. Während der Freitags-Ekstasen empfing Fulla Prophezeiungen „über die ernste Rolle Polens im Kampf um das Reich Gottes auf Erden und über seine strahlende Zukunft, wenn es, den Eingebungen Gottes gehorsam, den Weg der Söhne des Lichts wählt“. Die Prophezeiungen sprachen vom endgültigen Sieg des Lichts über die Finsternis.
Während einer ihrer Begegnungen mit Fulla machte die heilige Magdalena ihr klar, dass sie in der Nachfolge Jesu bereit sein muss, das Kreuz des Leidens zu tragen: „Deine Waffe, Macht und Gesetz soll das Kreuz sein! Die Liebe wird dein Glück, deine Gesundheit und dein strahlendes Beispiel für deine Mitmenschen sein. Demut wird dein letztes Verständnis der tiefsten Weisheit Jesu sein. All das zusammen wird deine Vernunft, deinen Willen und deine Tatkraft für das Werk Gottes vertiefen, Mitleid mit allem menschlichen Elend erwecken und einen Sinn für heilige Gerechtigkeit entwickeln“.
Die Erfahrung des Kreuzes
Während einer Ekstase vor dem Zweiten Weltkrieg hörte Fulla diese Worte: „Die Welt schafft sich immer schrecklichere und schwerere Qualen. Die Welt – das sind die Menschen – und sie, indem sie sich selbst Katastrophen, Unglück und Krankheiten schaffen, wollen die Schuld auf Gott schieben. Gott tut nur Gutes. Alles Böse tut nur der Mensch mit Hilfe des Satans, der ihm, wenn er angerufen wird, bereitwillig hilft. Bete deshalb, dass alle Worte, die Jesus gesprochen hat, von den armen, verirrten Menschen endlich verstanden und wiederholt werden. Sie stöbern, forschen und grübeln oft über die Torheit, die ein Narr ausgesprochen hat. Und die armen Menschen wissen nicht, dass sie durch das Verstehen der Worte Jesu sich selbst und die ganze Welt wiederbeleben würden! Wie kommt es, dass eure Vernunft und euer Wille durch eure Sünden so erstarrt sind, dass ihr das Reich Gottes so heftig ablehnt?“.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach und die russische Armee Lemberg besetzte, unterrichtete Fulla weiter am Gymnasium und schloss sich der Widerstandsbewegung im Untergrund an. Sie lebte zusammen mit ihrer Schwester Sofia. Mit Erlaubnis von Erzbischof Bolesław Twardowski wurde in der Wohnung der Frauen die heilige Kommunion aufbewahrt. Sie wurde zu den zum Tode Verurteilten und Inhaftierten geschmuggelt. Fulla und ihre Schwester wurden denunziert, verhaftet und zu 10 Jahren Gulag verurteilt – einem Lager für Sklavenarbeit unter unmenschlichen Bedingungen in Sibirien. Die polnischen Frauen trugen das Kreuz des unermesslichen Leidens mit großer Würde und vereinten sich mit Jesus in seinem Leiden für die Erlösung der größten Sünder. Fulla schrieb: „Inmitten des Leidens hatte ich unsichtbare Freunde, die meine Gedanken auf die Schönheit lenkten“.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Gulag ließen sich Fulla und Sofia in Zakopane nieder. Viele Menschen kamen in ihre kleine Wohnung und baten um Rat und Gebet. Es kamen nicht nur einfache Bergbewohner, sondern auch Intellektuelle, Schriftsteller, Dichter, Priester und Bischöfe. Viele Stunden lang sprach Fulla mit ihren Gästen (es waren bis zu mehrere Dutzend am Tag) und stärkte sie in ihrem Glauben und kindlichem Gottvertrauen. Der Aufenthalt unter den schrecklichen Bedingungen des Gulag-Lagers und die Operation, bei der der Mystikerin fast der gesamte Magen und Zwölffingerdarm entfernt wurden, beeinträchtigten ihre Gesundheit schwer. Trotz ihrer schwindenden Kräfte lehnte sie es nicht ab, Menschen zu treffen, die sie um geistliche Hilfe baten.
Ab 1974 litt Fulla an einer chronischen eitrigen Nierenentzündung. Selbst in ihrem Leiden war sie fröhlich und lächelte. Nach einem Oberschenkelbruch blieb sie 14 Monate lang bewegungsunfähig. „Die Prüfung des Leidens, die sie mit Bravour bestand, wurde in meinen Augen zum Siegel der Echtheit ihrer mystischen Erfahrungen“, schrieb ihr Neffe, Pater Thomas Horak. Fulla starb am 9. März 1993 und wurde in Zakopane beigesetzt.
Die Worte, die die Mystikerin während der Erscheinungen hörte, wurden in einem Buch mit dem Titel Besuche aus einer anderen Welt veröffentlicht. Fulla betete zum Herrn Jesus für diejenigen, die sich nach Ihm sehnen und Ihn nicht finden können: „Ich bitte Dich in aller Bescheidenheit – gib, dass dieses Buch in den Seelen der Kalten und Zweifelnden die Flamme der wahren Liebe entzündet“.
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