Wie soll man beichten?

„Jedes Mal bekenne ich dieselben Sünden“, „Ich brauche keine Beichte, damit Gott mir verzeiht“, „Was wird nur der Priester über mich denken?“ – es gibt verschiedene Versuchungen, um auf das Bußsakrament zu verzichten. Es lohnt sich aber nicht, ihnen nachzugeben. Hinter einer guten Beichte steckt nämlich ein Meer von Gnaden.

Verschiedene Beichterfahrungen überdecken so manches Mal das, was am wichtigsten daran ist. Und das ist – wie es der hl. Johannes Paul II. lehrte – das von Freude erfüllte Treffen des verlorenen Sohnes mit dem barmherzigen Vater (vgl. Lk 15,11-32). Im Bußsakrament erfährt der reuige Sünder die Liebe Gottes, die ihren Ausdruck in der Vergebung der Sünden findet. Deshalb nannte der polnische Papst den Beichtstuhl „einen privilegierten und gesegneten Ort, von dem her, nach der Behebung der Spaltungen, neu und makellos ein versöhnter Mensch, eine versöhnte Welt entstehen!“ (Reconciliatio et paenitentia, 31).
Was soll man aber tun, damit es so ist? Mit anderen Worten, wie soll man eine gute Beichte ablegen?

Die Kirche erinnert seit Jahrhunderten an die fünf Bedingungen einer guten Beichte: die Gewissenserforschung, die Reue, der Vorsatz zur Besserung, das Bekennen der Sünden sowie die Wiedergutmachung des begangenen Unrechts an Gott und an dem Nächsten. Und obwohl uns diese Prinzipien bekannt vorkommen, so lohnt es sich, sie mit den Augen der Heiligen zu betrachten, um sie aufs Neue zu entdecken und zu sehen, dass sie der Schlüssel zu einer verwandelnden Begegnung mit Gott sind. 

Die Gewissenserforschung

Der erste Schritt auf dem Weg zur Versöhnung ist, dass man die Wahrheit über sich selbst einsieht, also sich der begangenen schlechten Taten seit der letzten Beichte bewusst wird. „Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien“ (Joh 8,32) – der hl. Johannes Paul II. hat nicht zufällig diesen Satz aus der hl. Schrift für am wichtigsten gehalten. Ohne aufrichtiges Bekennen der begangenen Sünden kann man nur schwerlich von ihrer Lossprechung im Beichtstuhl sprechen. Pater Pio achtete auf eine solide Vorbereitung zur Bekenntnis der Sünden. Viele Personen, die sich anstellten, um bei ihm zu beichten, taten dies nicht aus dem Wunsch nach Bekehrung heraus, sondern aus krankhafter Neugierde, um den berühmten Stigmatisierten zu sehen. Der heilige Kapuziner, der die Gabe der Seelenschau besaß, sandte oftmals solche Personen vom Beichtstuhl weg mit der Auflage, zunächst eine solide Gewissenserforschung zu machen und das begangene Böse zu bereuen. 

Bei der Gewissenserforschung schauen wir uns die lässlichen und die schweren Sünden an. Die Letzteren betreffen schwere Vergehen und müssen freiwillig und bewusst begangen worden sein. Weil durch sie die Freundschaft mit Gott gebrochen wird und sie den Menschen in den geistigen Tod führen, ist es notwendig, dass man in der Beichte die Art und Anzahl dieser Sünden bekennt sowie ihre erschwerenden Begleitumstände. Die Kirche ermutigt jedoch, dass auch ein Mensch, dem sein Gewissen keine schweren Sünden vorwirft, zur Beichte geht, um die leichten Sünden zu bekennen. So wie es die hl. Faustina lehrte:
„Aus der Beichte sollten wir zwei Vorteile davontragen: 1. Zur Beichte kommen wir um Heilung zu erlangen.
2. Um Erziehung zu erfahren – unsere Seele bedarf der steten Erziehung, wie ein kleines Kind“ (Tagebuch, 377). Die Sekretärin der göttlichen Barmherzigkeit selbst beichtete oft, obwohl sie keine schweren Sünden beging. Ähnlich tat es der hl. Johannes Paul II.,
der das Sakrament der Versöhnung jede Woche in Anspruch nahm. Er beichtete auch vor größeren Feierlichkeiten und vor wichtigen liturgischen Ereignissen. 

Die Reue für die Sünden

Das in der Gewissenserforschung erkannte Böse muss bereut werden. Die Heiligen ekelten sich vor der Sünde, weil sie wussten, dass die Sünde Gott beleidigt. Der Pfarrer von Ars, zu dem im 19. Jahrhundert Pilger aus ganz Frankreich kamen, um zu beichten, sagte: „Die Sünde ist der Henker Gottes und der Mörder der Seele. Sie reißt uns vom Himmel herab und stürzt uns in die Abgründe der Hölle. Trotz alldem erfreuen wir uns an ihr! Was für ein Wahnsinn! Wenn wir besser Bescheid wüssten, würden wir so eine Abneigung gegen die Sünde hegen, dass wir nicht in der Lage wären, sie zu begehen“
(A. Monnin SJ, Zapiski z Ars, dt. Notizen aus Ars, S. 145). 

Wie wichtig die Reue ist, wusste ganz besonders ein anderer „Märtyrer des Beichtstuhls“ – Pater Leopold Mandic, der dafür bekannt war, dass er zwölf bis fünfzehn Stunden täglich die Beichte hörte. Er verzichtete oftmals auf die Mahlzeiten während des Tages, um allen Menschen, die in der Schlange vor dem Beichtstuhl warteten, die Lossprechung erteilen zu können. „Eine Person erzählte mir“, so einer der Zeugen im Heiligsprechungsprozess von Pater Mandić, „dass Pater Leopold, nachdem sie ihre Sünden gebeichtet hatte, aufstand und sie ohne Absolution aus dem Beichtstuhl bitten wollte. Er sagte: »Bitte, gehen sie raus (…)«. Der Büßer widersetzte sich, doch der Pater wiederholte immer die gleichen Worte. Doch als dieser Mensch anfing zu weinen und auf die Erde fiel und sagte, dass er seine Sünden bereue und bereit sei, alles zu tun, um nicht wieder zu sündigen, da hob ihn Pater Leopold auf, drückte ihn an sich und sagte: »Jetzt bist du mein Bruder« und erteilte ihm die Lossprechung“ (M. Miszczynski OFMCap, Święty Leopold Mandić, dt. Der heilige Leopold Mandic, S. 47-48).

Um die Reue für die Sünden zu erwecken, ist es hilfreich, wenn wir uns bewusst machen, welch großes Leid Jesus durch seinen Kreuzestod auf sich nahm, um uns zu erlösen und die Sünde zu überwinden. Diese Praktik wendete u.a. die heilige Faustina an. In ihrem Tagebuch schrieb sie darüber: „Bei jeder Beichte will ich an das Leiden Jesu denken und dabei Reue im Herzen erwecken. Soweit es mit Gottes Gnade möglich ist, will ich mich immer in der vollkommenen Reue üben. Dieser Reue werde ich mehr Zeit widmen. Bevor ich zum Beichtstuhl gehe, kehre ich zuvor im geöffneten und barmherzigsten Herzen Jesu ein“ (Tagebuch, 225).

Der Vorsatz zur Besserung

Aus der aufrichtig erlebten Reue ergibt sich der Wunsch nach Ablehnung des Bösen in der Zukunft. „Dabei wissen wir“, erklärte der hl. Johannes Vianney einem Büßer, der nach der Beichte wieder der Trunksucht und der Unreinheit verfiel, „um nicht mehr zu sündigen, muss sich die aufrichtige Reue mit einem starken Entschluss verbinden. Wenn der Wille zur Besserung ehrlich ist, werden wir die Sünde; böse, rachsüchtige, unreine Gedanken und alle Gelegenheiten, die zur Sünde führen, meiden und alle Mittel anwenden, um sich von Süchten zu befreien. Also, mein Freund, musste dein Wille zur Besserung sehr zweifelhaft und nur scheinbar gewesen sein, wenn du wieder in Kneipen und im Milieu gesehen wirst, wo du so oft zu Fall gekommen bist. Man merkt keine größere Vorsicht in deinem Verhalten, und wie du vorher gelebt hast, so leichtsinnig lebst du auch jetzt. Es kommt leicht der Verdacht auf, dass deine Beichte nicht ehrlich gewesen war und deine Reue zweifelhaft“ (Kazania Jana Vianney, dt. Die Predigten des Johannes Vianney, S. 106).

Der starke Vorsatz zur Besserung beinhaltet nicht nur eine Abneigung gegen die Sünde, sondern auch den Wunsch danach, diese in der Zukunft nicht mehr zu begehen. In der Praxis bedeutet das meistens, dass man sorgfältig daran arbeiten muss, um ein oder mehrere Fehlverhalten in der nahen Zukunft aus dem Herzen zu eliminieren. Das Gespräch mit dem Priester während der Beichte kann dabei helfen.

Die Geschichte eines Beichtenden bei Pater Pio ist dafür ein lehrreiches Beispiel. Als dieser Mensch zum ersten Mal bei dem Kapuziner beichtete, bekannte er, dass er manchmal die hl. Messe am Sonntag versäume. Der Pater jagte ihn vom Beichtstuhl weg mit den Worten „Geh doch weg!“ Der Mann beichtete also bei einem anderen Priester. Nach zwei Monaten kehrte er nach Pietrelcina zurück und stellte sich wieder am Beichtstuhl von Pater Pio an. Als die Frage nach der sonntäglichen Eucharistie fiel, antwortete der Büßer, nun würde er sie besuchen. „Und warst du gestern beim Gottesdienst?“, fragte der Ordensmann, der in den Seelen der Menschen lesen konnte. „Aber Pater, gestern war ich zu dir unterwegs“, versuchte sich der Beichtende zu rechtfertigen. „Geh jetzt, und kehre später wieder. Am Sonntag geht die hl. Messfeier vor.“ Von diesem Tag an versäumte der Mann nie wieder die sonntägliche Eucharistiefeier. Darüber hinaus wurde er zu einem Mitglied der Gebetsgruppe, die der hl. Pater Pio gegründet hatte. 

Das Sündenbekenntnis

Nach der Gewissenserforschung, der Reue für die Sünden und dem Vorsatz der Besserung ist es Zeit das Sakrament der Versöhnung zu empfangen. Für viele Menschen ist die Tatsache, dass sie ihre Sünden vor einem Priester bekennen müssen, ein Problem. Darauf antwortet Jesus eindeutig im Tagebuch der hl. Schwester Faustina: „Wenn du zur Beichte kommst, wisse, dass Ich selbst im Beichtstuhl auf dich warte. Ich verhülle Mich nur mit dem Priester, aber in der Seele wirke Ich selbst“ (Tagebuch, 1602). Es lohnt sich, so wie es die Sekretärin der göttlichen Barmherzigkeit getan hat, vor der Beichte um das Licht des Heiligen Geistes für den Beichtvater zu beten. 

Im Beichtstuhl sollte man alle Sünden bekennen, die man seit der letzten Beichte begangen hat, ohne irgendeine zu verheimlichen. Wenn wir unsere Sünden bekennen, sollten wir nicht hochmütig sein und nicht versuchen, uns in besserem Licht darzustellen, indem wir unsere Schuld auf andere oder die Umstände abwälzen. Man sollte die Sünden schlicht bekennen, ohne unnötige Worte. Es lohnt sich auch, sich den von der hl. Schwester Faustina erteilten Rat zu Herzen zu nehmen: „Wieder möchte ich einer Seele, die entschlossen Heiligkeit anstrebt und auch Früchte, das heißt Nutzen aus der Beichte ziehen will, drei Worte anempfehlen. Erstens – unbedingte Aufrichtigkeit und Offenheit. Auch der heiligste und klügste Beichtvater kann der Seele nicht mit Gewalt einflößen, was er möchte, wenn die Seele nicht aufrichtig und offen ist. Eine unaufrichtige, verschlossene Seele begibt sich im geistigen Leben in große Gefahren, und Jesus selbst teilt sich einer solchen Seele nicht in höherem Maße mit, denn Er weiß, dass sie von diesen besonderen Gnaden keinerlei Nutzen davontragen würde. Das zweite Wort – Demut. Die Seele nutzt das Bußsakrament nicht gebührend, wenn sie nicht demütig ist. Hochmut hält die Seele in Dunkelheit. Sie weiß nichts und will sich nicht gründlich in den Abgrund ihres Elends vertiefen; sie verstellt sich und meidet alles, was sie heilen sollte. Das dritte Wort – Gehorsam. Eine ungehorsame Seele trägt keinen Sieg davon, sogar wenn Jesus selbst ihre Beichte abnehmen würde. Der erfahrenste Beichtvater kann einer solchen Seele nicht helfen. Eine ungehorsame Seele begibt sich in großes Unglück, sie macht keinerlei Fortschritte in ihrer Vervollkommnung und kommt mit dem geistigen Leben nicht zurecht. Gott überhäuft die Seele mit seinen Gnaden, aber nur die gehorsame Seele“ (Tagebuch, 113).

Nach dem Sündenbekenntnis und der Belehrung durch den Beichtvater kommt es zum wichtigsten Moment des Bußsakramentes – der Absolution, also der Lossprechung von den Sünden. Wir erfahren in diesem erhebenden Augenblick die Begegnung mit dem barmherzigen Gott. Der hl. Johannes Paul II. vergleicht diesen Moment mit dem Kuss, mit dem der Vater den verlorenen Sohn im Gleichnis aus dem Evangelium begrüßt.

Wiedergutmachung bei Gott und dem Nächsten

Wenn man den Beichtstuhl verlässt, sollte man sich bei Gott für den Empfang der sakramentalen Gnade bedanken. Die hl. Faustina schrieb darüber: „Auf dem Rückweg vom Beichtstuhl werde ich in meinem Herzen große Dankbarkeit zur Dreifaltigkeit erwecken, für das unfassbare Wunder der Barmherzigkeit, das sich in der Seele vollzieht. Je elender meine Seele ist, umso mehr fühle ich, dass mich das Meer der Barmherzigkeit Gottes erfasst und mir Kraft und große Stärke verleiht“ (Tagebuch, 225).

Am Ende steht das letzte Element der Beichte: die Wiedergutmachung bei Gott und dem Nächsten. Hier geht es vor allem um die Erfüllung der vom Beichtvater auferlegte Buße. Manche Priester, u. a. der hl. Leopold Mandic oder der Diener Gottes Alexander Wozny, gaben den Beichtenden eine milde Buße auf, während sie selbst zusätzlich fasteten, beteten und andere Sühnewerke leisteten, um die Sünden dieser gutzumachen.

Der hl. Johannes Paul II. riet uns, die Sühne nicht auf das reine Aufsagen von Gebeten zu beschränken, sondern zusätzlich Handlungen zur Ehre Gottes, Werke der Liebe und der Barmherzigkeit sowie der Wiedergutmachung einzubeziehen. Tatsächlich soll die Sühne unser Engagement zum Ausdruck bringen, ein neues Leben beginnen zu wollen.

Wie dieses neue Leben aussehen soll, erklärt am besten der hl. Pfarrer von Ars: „Und was sollt ihr tun, um im Guten auszuharren und nicht mehr der Sünde zu verfallen? Vor allem vertraut euch nicht selbst und seid auf der Hut. Zum Zweiten, vermeidet sorgfältig die Anlässe um Böses zu tun sowie die schlechte Gesellschaft. Sonst wird eure Besserung nur trügerisch sein. Zum Dritten, flüchtet zum Gebet, denn Christus sagt: »Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet«. Und schließlich, wenn ihr nach der Beichte wieder sündigt, dann steht so schnell wie möglich von diesem Fall auf. Je weiter jemand das hinauszögert, desto schwerer wird es für ihn, sich zu bessern. Wer diese Mittel anwendet, wird mit Sicherheit die geistliche Gesundheit wiedererlangen. Die Krankheiten des Leibes wird man nicht immer los – hier hilft oft keine Medizin. Doch von den schwersten Krankheiten der Seele kann man geheilt werden und die vollständige Gesundheit wiedererlangen“ (Kazania Jana Vianney, dt. Die Predigten des Johannes Vianney, S. 126).

Denjenigen, die den Gang zur Beichte jahrelang hinausgezögert haben, mögen die Worte des Herrn Jesus, die er der heiligen Faustina gegeben hat, zu Herzen gehen: „Sage den Seelen, wo sie Trost suchen sollen – im Tribunal der Barmherzigkeit, dort gibt es die größten Wunder, die sich ununterbrochen wiederholen. Um dieses Wunder zu erreichen, bedarf es keiner weiten Pilgerfahrt, auch nicht äußerer Zeremonien, sondern es genügt, zu Füßen meines Stellvertreters gläubig hinzutreten und vor ihm sein Elend auszusprechen. Dann zeigt sich das Wunder der Barmherzigkeit in seiner ganzen Fülle. Auch wenn die Seele wie eine verwesende Leiche wäre und eine Belebung, menschlich gesehen, ausgeschlossen und alles schon verloren wäre – so ist es anders bei Gott. Das Wunder der Barmherzigkeit Gottes belebt die Seele vollends. Ihr Armseligen, die ihr das Wunder der Barmherzigkeit Gottes für euch nicht in Anspruch nehmt, ihr werdet vergeblich rufen, weil es dann zu spät sein wird“ (Tagebuch, 1448).