Ich liebe Dich, doch Gott liebe ich mehr

Tag für Tag, Nacht für Nacht hatte ich immer wieder dieselben Albträume. Ich hatte Angst einzuschlafen … Ich begann mich tagsüber hinzulegen, weil ich mich nachts noch mehr fürchtete. Ich träumte immer schrecklichere Szenen. Ich sah sehr schlecht aus und weinte am Tag …

Ich heiße Isabela. Als Kind empfing ich die Erste Heilige Kommunion, später die Firmung. Doch bei uns zu Hause gab es keinen Glauben an einen lebendigen Gott und daran, dass Er Liebe ist. Unsere Religiosität beschränkte sich auf Traditionen und Bräuche. Als mein Bruder und ich klein waren, gingen wir in die Kirche, weil unsere Großmutter darüber wachte. Als ich erwachsen wurde, begann mein Leben ohne Gott. Es verlief schlecht und war von Sünden belastet …

Vor 15 Jahren ging ich nach Amsterdam. Ich war damals schon zwei Mal geschieden und hatte zwei Kinder (jedes stammte aus einer anderen Beziehung), die ich ohne Gott aufzog. In Holland heiratete ich zum dritten Mal – einen Moslem, einen sehr guten Menschen.

Mein Mann Khan erzählte mir von Allah. Er stellte ihn sehr interessant dar. Er wollte mir dasselbe Glück und denselben Frieden verschaffen, die er selbst kannte. Eines Tages, während einer Unterhaltung mit dem Imam, sagte ich unbewusst etwas, was man als meinen Willen zur Annahme ihrer Religion deutete. Doch es war nicht gültig, weil ich damals nicht „rein“ war (dem Islam zufolge). Kurz danach begann ich, Albträume zu haben, die meine verstorbenen Eltern betrafen. Niemand hatte mir jemals gesagt, dass meine Eltern in einer besseren Welt sind. Für mich endete alles mit dem Tod. Bis dahin hatte ich nie darüber nachgedacht, was nach dem Tod geschieht. In meinen düsteren Träumen sah ich den Schmerz meiner Eltern, hörte ihre verzweifelten Schreie und ihr Flehen um Hilfe. Doch ich hörte keine Worte: Es waren Bilder, die mir das Herz zerrissen. Tag für Tag, Nacht für Nacht hatte ich immer wieder dieselben Albträume. Ich hatte Angst einzuschlafen … Ich begann mich tagsüber hinzulegen, weil ich mich nachts noch mehr fürchtete. Ich träumte immer schrecklichere Szenen. Ich sah sehr schlecht aus und weinte am Tag … Mein Zustand verschlechterte sich. Ich hatte depressive Zustände und eine Angststörung. Schließlich wandte ich mich um Hilfe an einen Psychiater. Der Arzt verschrieb mir starke Schlaftabletten, die jedoch nicht halfen. Ich hatte immer noch Albträume und sie wurden immer entsetzlicher.

Da riet mir mein Schwiegervater, in eine Kirche zu gehen. Mein Mann, der mich sehr unterstützte, fand in Amsterdam eine polnische Gemeinde. Ich ging am Sonntag in den Gottesdienst. Als ich jedoch die Kirche betreten sollte, wurde mir schlecht und ich fühlte mich schwach. Das ganze Leben lang dachte ich, ich wäre klüger als andere. Es fehlte mir an Demut und ich dachte, ich könnte die Menschen manipulieren. Ich war der festen Überzeugung, Priester würden sich nur mit Politik befassen und den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Mit großem Unwillen betrat ich die Kirche. Doch ich war richtig schockiert von dem, was ich sah: junge Menschen, die modern angezogen waren und die nicht danach aussahen, als würde man sie zwingen, in die Kirche zu gehen. An der hl. Messe nahmen viele Männer teil. Früher dachte ich, dass nur ältere Frauen in die Kirche gehen würden, die nichts anderes zu tun hatten. Ich beschloss, während der Eucharistie weder aufzustehen noch zu knien, denn ich schaute auf all das, was passierte, von oben herab. Ich war nicht dem Anlass entsprechend angezogen, hatte ein kurzes Kleid an und viel Make-up. Zweifellos stach ich heraus. Doch niemand ließ mich fühlen, dass ich eine Fremde sei. Irgendwelche Gemeindemitglieder lächelten mich an und machten mir Platz in der Bank. Ich setzte mich hinten hin, damit ich bei Bedarf schnell rausgehen konnte. Der Priester verfügte über viel Energie; er lächelte, sprach korrekt und gepflegt und gestikulierte schön dazu. Mit Leidenschaft und Freude feierte er die hl. Messe und die Predigt war nicht langweilig. Das alles war für mich sehr überraschend. 

Die Eucharistiefeier war sehr schnell vorbei. In meinem Herzen spürte ich den Wunsch, weitere Messen aufzusuchen. Auch mein Mann ermunterte mich dazu.

Allerheiligen näherte sich. Ich ging mit meinem jüngeren Sohn, der bei mir zu Besuch war, in die Morgenmesse. Es nahmen nur vier Personen daran teil: der Priester, eine ältere Frau, mein Sohn und ich. Während der Ankündigungen sagte der Priester, er lade die Personen in die Sakristei ein, die ihn nach Weihnachten bei sich zu Hause empfangen wollten. Ich ging also in die Sakristei und redete den Priester mit „Herr“ an. Ich sagte ihm geradeheraus, dass ich nicht gläubig sei, dass ich aber den Wunsch habe, dass der Brauch des priesterlichen Weihnachtsbesuches bei uns stattfinde. Ich versicherte ihm, dass ich alles in die Wege leiten würde. Dabei hatte ich die ganze Zeit über den Gedanken im Kopf, dass Priester den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Der Priester war sehr nett zu mir und reagierte nicht darauf, dass ich „Herr“ zu ihm sagte. Er versprach, sich mit mir in Verbindung zu setzen und sagte, dass er selbstverständlich zu mir nach Hause kommen würde.

In dieser Zeit ging ich bereits regelmäßig in die Kirche, weil ich mich dort wohl fühlte. Es war eine Art Attraktion für mich, etwas, wofür ich mich elegant anziehen konnte. Die Albträume hatte ich weiterhin.

Als der Priester zum Weihnachtsbesuch zu uns kam, bereitete ich Geld für ihn vor. Ich legte auch Geld für gregorianische Messen dazu, die ich für meine verstorbenen Eltern bestellen wollte. Der Priester war sehr nett zu meinem Sohn, er sprach auch mit meinem Mann Kahn, der ihn sehr herzlich empfing. Mein Mann glaubte die ganze Zeit an die Macht des Gebetes und vertraute darauf, dass das meinen Gesundheitszustand verbessern würde. Die Familie meines Mannes, besonders sein Vater, drängte auch darauf, dass ich beten sollte. Der Priester sagte, dass er mich darüber informieren würde, wo die gregorianischen Messen stattfinden würden, damit ich sie besuchen konnte. Wenn ich jedoch nicht kommen könnte, dann sollte ich mich geistig verbinden, indem ich den Barmherzigkeitsrosenkranz bete. Ich wusste nicht, wie man dieses Gebet betet, also suchte ich nach einer Anleitung im Internet. Dann traf ich Magda – eine Bekannte, die ich nicht mochte und die ich mied. Magda schlug vor, gemeinsam mit mir zu beten, denn sie war der Meinung, es wäre besser zu zweit zu beten. So kam sie täglich zu mir; wir knieten nieder und beteten gemeinsam den Barmherzigkeitsrosenkranz. Wir beteten auch zur Muttergottes. Von da an gingen wir zusammen in die Kirche. Als die gregorianischen Messen gefeiert wurden und ich anfing, den Barmherzigkeitsrosenkranz zu beten, waren die Albträume nicht mehr so schrecklich und die Leiden meiner Eltern im Traum wurden immer leichter. Doch noch immer hörte ich ihren stummen Schrei um Hilfe.

Mein Leben begann sich zu ändern, ich wurde immer ruhiger. Wenn mir früher jemand etwas Böses antat, so verspürte ich Hass ihm gegenüber. Ich hatte unkontrollierbare Wutanfälle und hegte sogar den Wunsch, jemanden umzubringen. Jetzt sehnte ich mich immer mehr danach, in die Kirche zu gehen. Auch die Art, wie ich an der Messfeier teilnahm, änderte sich. Ich stand auf, kniete mich nieder; konzentrierte mich auf das Wort Gottes und die Predigten. Das alles berührte mich sehr. Zu Hause erzählte ich meinem Mann die Geschichten und die Predigten, die ich in der Kirche gehört hatte. Und er freute sich darüber, dass ich wieder gesund wurde und anfing, normal zu funktionieren.  Ich bekannte auch Magda, dass ich früher feindselige und hasserfüllte Gedanken ihr gegenüber hatte, woraufhin sie sagte: „Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, was Du jetzt fühlst.“ Sie vergab mir von Herzen, so als ob dies nicht etwas Schreckliches gewesen wäre.

Als die gregorianischen Messen zu Ende waren, hörten auch die Albträume über meine Eltern auf. Der Priester erzählte mir von einer Gruppe mit dem Namen Magnificat, wo ich von Maria Simma und ihrem Buch „Uwolnijcie nas stąd“ (dt. Befreit uns von hier) erfuhr. Das Buch erzählt über Seelen, die im Fegefeuer leiden. Ich begann auch für diese Seelen zu beten. Ich bat Gott, Er möge meinen Eltern verzeihen. Ich dankte Ihm, dass Er mir die Möglichkeit eröffnet hat, ihnen zu helfen. Ich fuhr auch zu Exerzitien, wo ich erfuhr, welche Rolle der Heilige Geist in unserem Leben spielt. Diese Entdeckung war für mich unglaublich. Während eines Spaziergangs betete ich darum, die Liebe Gottes zu erfahren. Ich bat: „Heiliger Geist, gib mir Liebe, damit ich die Menschen lieben kann, nimm allen Hass von mir.“ Da floss plötzlich eine große Liebe über mich und ich fühlte mich sehr geliebt. Ich erfuhr solch eine Liebe, wie sie mir kein Mensch zuvor erwiesen hat – eine wunderschöne und bedingungslose Liebe.

Nach den Exerzitien über den Heiligen Geist änderte sich auch meine Sichtweise der Priester; ich begann mich in der Kirche in die erste Bank zu setzen. Ich nahm auch an einem Bibelkreis teil. Dort lasen wir die Heilige Schrift, baten den Heiligen Geist, Er möge zu uns kommen und lobten Gott.

Gleichzeitig lebte ich die ganze Zeit über mit Khan wie Mann und Frau zusammen. Weil es eine nicht sakramentale Verbindung war, konnte ich die hl. Kommunion nicht empfangen. Mit meinem muslimischen Ehemann habe ich keine Kinder. Die Priester wussten über meine komplizierte Situation Bescheid. Der Pfarrer sagte zu mir: „Isa, du kannst nicht beichten. Du musst zuerst dein Leben in Ordnung bringen!“ Er machte mir bewusst, dass ein Leben in Keuschheit in der Ehe sehr schwer ist und riet mir davon ab. Ich sehnte mich sehr danach zu beichten und Jesus in meinem Herzen zu empfangen. Meine früheren Beichten waren blasphemisch. Mir wurde bewusst, dass ich bis dahin nie ein offenes, reines Herz besessen hatte. Ich flehte Jesus an, Er möge etwas bewirken, damit ich Ihn empfangen konnte …

Kurz darauf kontaktierte mich eine Freundin mit einem Priester aus Antwerpen, bei dem ich eine Generalbeichte ablegte. Der Priester war der Meinung, dass ich ein Heilungsgebet brauchte. Er legte mir also seine Hände auf den Kopf und begann, die Muttergottes, den hl. Johannes Paul II. und andere Heilige um Fürsprache zu bitten. Mein Beichtvater öffnete die Bibel und wir lasen die Stelle über die Hochzeit zu Kana und die Muttergottes, die ein Wunder erbeten hatte. Nach der Beichte verspürte ich eine ungeheure Erleichterung. Der Priester sagte, dass er eine Überraschung für mich habe. Ich ging in die Kirche hinüber und empfing Jesus in meinem Herzen. Nach der hl. Kommunion betete ich: „Jetzt sind wir für immer verbunden. Jesus, ich lass Dich nie mehr los.“ Endlich fand dieses wunderschöne Ereignis statt! Leider brachen ich und Khan nach einem Jahr unsere Gelübde der Keuschheit. Ich fühlte mich sehr schlecht damit und ging sofort zur Beichte. Der Pfarrer hatte recht damit, dass das Leben in Keuschheit in der Ehe sehr schwer ist, besonders wenn nur eine der Parteien sich dafür entscheidet. Während eines unserer Gespräche sagte ich zu Khan: „Das Leben in Keuschheit ist für mich sehr wichtig. Du kannst für mich nicht wichtiger sein als Gott. Ich liebe Dich, aber Gott liebe ich mehr.“ Da meinte Khan: „Gut. Nur weil es für Gott ist, soll es so bleiben.“ Derzeit geht es beim Kirchengericht um die kanonische Nichtigkeitserklärung der Ehe, die ich in meiner Jugend geschlossen habe. Ich habe die ganze Sache Gott anvertraut und bitte Ihn um die Gnade, seinen Willen annehmen zu können.

Ich bete um die Bekehrung von Khan und hege die Hoffnung, dass er den katholischen Glauben annimmt. Ich empfehle ihn der Muttergottes, deren Schutz ich schon oft im Leben erfahren habe, obwohl ich dies schnell wieder vergaß. Bei der Geburt meines ersten Sohnes stellten die Ärzte fest, dass er keine Überlebenschancen hatte. Ich bat damals die Allerheiligste Mutter um Hilfe und Sie hat mich erhört – mein Sohn hat überlebt. Jetzt, nach vielen Jahren, weihe ich Maria mich selbst und meine Nächsten und glaube daran, dass Gott dank Ihrer Fürsprache unsere Herzen verwandelt.

Isabela 

bearbeitet von Aleksandra Jędrzejczak